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Reichensteuer trifft die Falschen (aus FTD)

Reichensteuer trifft die Falschen

von Jens Tartler (Berlin)

Die für das Jahr 2007 beschlossene Reichensteuer wird genau jene Einkünfte treffen, die nach dem Willen der Bundesregierung nicht höher belastet werden sollen. Zugleich werden jene Einkommen verschont, die unter die Reichensteuer fallen sollen.

Das ergibt sich aus einer Studie der Ökonomen Jochen Hundsdoerfer und Frank Hechtner von der FU Berlin. Außerdem wird es Steuerzahler geben, die durch die Reichensteuer sogar geringer belastet werden als nach geltendem Recht.

Die von der SPD durchgesetzte Reichensteuer soll Anfang 2007 in Kraft treten. Für zu versteuernde Jahreseinkommen ab 250.000 Euro (für Verheiratete das Doppelte) soll dann ein Spitzensteuersatz von 45 statt 42 Prozent gelten. Davon ausgenommen sind nur Unternehmer, Freiberufler und Landwirte. Arbeitnehmereinkommen, Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung unterliegen dagegen künftig der Reichensteuer.

Ungewollte Effekte

Die ungewollten Effekte rechnen die beiden Ökonomen anhand von Beispielen vor: Ein Manager verdient als Angestellter 260.000 Euro im Jahr und zusätzlich 10.000 Euro als Autor eines Gutachtens. Das Zusatzeinkommen aus selbstständiger Tätigkeit soll nach dem Willen der Regierung nur mit 42 Prozent besteuert werden. Die Berechnungen zeigen aber, dass der Grenzsteuersatz bei fast 45 Prozent liegt.

Auf der anderen Seite zahlt ein Unternehmer, der mit seiner Firma 250.000 Euro im Jahr verdient und noch zusätzliche Zins- oder Mieteinnahmen hat, auf die Zusatzeinnahmen nur gut 42 Prozent Grenzsteuersatz - statt 45 Prozent wie eigentlich geplant.

Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmer

Die Reichensteuer eröffnet auch neue Gestaltungsmöglichkeiten: Unternehmer, die zum Beispiel Verluste aus ausländischen Betriebsstätten haben, können diese durch den ab 2007 geltenden Entlastungsbetrag für Unternehmer so nutzen, dass sie unter dem Strich trotz Reichensteuer weniger zahlen als nach geltendem Recht.

Außerdem lässt sich die Zusatzbelastung umgehen: Unternehmer können Zinspapiere in das Betriebsvermögen verschieben.

Kein stimmiges Modell

Ein weiterer Effekt der Reichensteuer: Sie vergrößert den Steuervorteil von Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften. Normalerweise sinkt dieser Vorteil mit steigendem Gewinn. Durch die Reichensteuer wird die Differenz aber ab einem Vorsteuerertrag von 800.000 Euro im Jahr wieder zulegen - von 6,7 Prozentpunkten beim Durchschnittssteuersatz auf 7,25 Prozent.

Die meisten ungewollten Effekte liegen an der Konstruktion mit einem Entlastungsbetrag für unternehmerische Einkünfte. Damit versucht das Finanzministerium, eine gerechte Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit für einzelne Einkunftsarten (so genannte Schedulenbesteuerung) und gleichzeitig für das Gesamteinkommen zu erzielen. "Das aber kann niemals funktionieren", sagt Ökonom Hechtner, "das lässt sich anhand von mathematischen Modellen leicht nachweisen." Ein stimmiges Modell würde aber dem Fiskus weniger Einnahmen bringen.