tag:blogger.com,1999:blog-26789681315875821272023-11-16T02:13:44.794+07:00Denk ich an Deutschland...dann bin ich um den Schlaf gebracht. Nicht nur nachts.
Was Politiker, Gewerkschaftler, Lobbyisten und Funktionaere verzapfen - das geht auf keine 'Kuhhaut' mehr.
Die besten Stilblueten, Strategien, Schnaps-Schuesse und andere Themen - welchen einem die Traenen in die Augen treiben - sind hier gesammelt.
Auswege? Mal schauen...
Bis dahin, ruhe sanft mein Heimatland - R.I.P. - Aber bitte ohne mich!Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comBlogger19125tag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-7528824749990397542007-03-07T17:44:00.000+07:002007-03-07T17:46:42.971+07:00Verwende deine Jugend!<span style="font-weight: bold;">Verwende deine Jugend!</span><br /><br />Von Julia Montag<br /><br />Draußen stehen die Praktikanten und kratzen an der Tür, drinnen lautet die triste Karrierewahrheit: Aus dem Traumjob wird bald eine Tretmühle mit Überstunden satt und dieser bleiernen Müdigkeit. Muss das so sein? Ein Plädoyer für ein bisschen Hedonismus im Berufsleben.<br /><br />Ein abgeschlossenes Studium ist schon lange keine Garantie für einen guten Job mehr, die Karriereleiter vieler Uni-Absolventen endet mit dem Taxischein. Das wissen wir alle. Wenn wir dennoch einen guten Job an Land ziehen, stürzen wir uns deshalb mit allem, was wir haben, in die Arbeit. Wir schieben endlose Schichten, sammeln Erfahrung, Erfolg und Geld.<br /><br />Der Durchschnittsdeutsche arbeitet laut Tarifvereinbarungen rund 37,5 Stunden pro Woche. Damit das auch so bleibt, scheuchen die Gewerkschaften ihre Mitglieder zu Demos auf die Straße, wenn Politiker die 40-Stunden-Woche fordern - und die gilt es zu vermeiden. Die Gewerkschaften haben ja Recht. 40 Stunden am Stahlofen oder Montageband sind viel. Wer sich wehren kann, der sollte das tun.<br /><br />Aber: Es gibt eine andere Gruppe von Arbeitnehmern, die ebenfalls wegen der 40-Stunden-Woche auf die Straße gehen könnte - uns, die Berufseinsteiger! Nur müssten wir nicht dagegen demonstrieren, sondern dafür. Wir hätten sogar Verhandlungsspielraum. Selbst 45 oder gar 50 Stunden wären für uns in Ordnung. Denn Fakt ist: 60-Stunden-Wochen sind für viele Berufseinsteiger längst ein normales Pensum. Und jeder macht mit.<br /><br />Kein Wunder, wird uns doch schon früh eingeimpft, dass unsere Chancen auf einen guten Job extrem übersichtlich sind. Es gibt über vier Millionen Arbeitslose in diesem Land, eine Magister- oder Diplomurkunde bedeutet nicht mehr viel. Und es kommt noch schlimmer, ein Blick in die Stellenanzeigen verrät: Die Unternehmen suchen nicht uns, sondern 20-jährige Superhirne, die nach einem Blitzabitur binnen zwei Jahren promoviert und nebenbei fünf Jahre Berufserfahrung in 20 Ländern gesammelt haben.<br /><br />Also greifen wir nach jedem noch so dürren Strohhalm. Wir übernehmen unbezahlte Praktika, schieben Überstunden, wir kommen gern auch mal am Wochenende rein und akzeptieren mickrigste Gehälter. Kaum einer, der sich das nicht gefallen ließe. Denn da draußen warten Hunderte, die diesen Job genau so gut könnten wie wir. Jedes Jahr verabschieden die Unis Tausende von potentiellen Konkurrenten. Aber wir sind gekommen um zu bleiben. Also müssen wir Gründe dafür schaffen.<br /><br />Und es ist ja nicht alles schlecht an der Karriere. Immerhin: Wir sind jetzt nicht mehr Teil jener amorphen Masse, die sich ins Audimax zwängt. Wir tragen schicke Klamotten, wir haben Namensschilder an den Bürotüren, und der Chef würde uns sicher nicht mit so vielen Projekten betrauen, wenn wir nicht unglaublich kompetent wären! Außerdem verdienen wir Geld, Mama ist stolz. Und darum tragen wir an den meisten Tagen nur eine kleine Träne im Knopfloch des neuen Business-Anzugs.<br /><br />Doch dann kommt der Tag, an dem wir merken, dass das Leben vor den Scheiben unsere Büros vorbeizieht. Wollten wir nicht eigentlich nur arbeiten, um den nächsten Urlaub zu finanzieren? Wollten wir nicht jeden Club der Stadt von innen kennen? Hatten wir uns nicht auf das Gefühl gefreut, an einem einzigen Tag unfassbar viel Geld auszugeben für Dinge, die wir morgen schon nicht mehr brauchen?<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Wir sind ziemlich porös</span><br /><br />Selbst, wenn wir das Geld dazu jetzt haben, es fehlt uns an einer wichtigen Ressource, die im Studium nie versiegte: Zeit. Denn die handelsübliche Arbeitswoche hat fünf Tage, spärliche 120 Stunden. Die Hälfte davon geht für die Arbeit drauf, genug schlafen sollten wir auch.<br /><br />Netto bleibt da nicht mehr viel Zeit, aus der wir echte Erlebnisse stricken könnten. Während wir also dachten, jetzt beginne die beste Zeit unseres Lebens, lautet die triste Wahrheit: Diese beste Zeit besteht vor allem aus Arbeit.<br /><br />Wir sind übermüdet, haben Stress, kennen die meisten Freunde nur noch vom Telefon. Und die angesagtesten Clubs allenfalls vom Hörensagen, weil wir längst erschöpft im Bett liegen, wenn dort die Musik angeht. Unsere Berührungen mit Alkohol beschränken sich darauf, morgens Parfüm aufzusprühen.<br /><br />Kein Wunder, dass wir alle ziemlich porös sind. "Burn out", das klang vor zehn Jahren noch exotisch. Nun ahnen die meisten von uns mindestens, wie sich das anfühlt. In Yoga-Kursen versammeln sich nicht mehr nur spinnerte Esoteriker, sondern vor allem gestresste, jüngere Arbeitnehmer.<br /><br />Wägen wir also ab. Einerseits: Natürlich müssen wir uns um unsere Zukunft kümmern - bloß kein Jahr im Lebenslauf, in dem wir nicht an der Karriere geschraubt haben. Andererseits: Wir sind heute jünger als in zehn Jahren. Schon Sir Peter Ustinov wusste: "Heute sind die guten alte Zeiten, an die wir uns später wehmütig erinnern." Noch lassen uns die Türsteher in die Clubs, weil wir genau so jung sind wie die Gäste, die sie da drinnen haben wollen. Heute dauert der schlimmste Kater nur einen halben Tag - und sehen wir nicht richtig lecker aus in den neuesten Jeans?<br /><br />Wieso geht nicht alles? Faire Arbeitszeiten. Anständige Entlohnung. Das sichere Gefühl, auch nächste Woche noch am selben Schreibtisch zu sitzen. Und abends das Leben feiern! Wir wollen ja gar keine Spaßgesellschaft. Aber ein bisschen Vergnügen haben wir uns verdient.<br /><br />Das ist kein Aufruf zur Kündigung, es ist der Hinweis, die Zeit nicht einfach verstreichen zu lassen. Bleiben wir nicht mitunter nur deshalb länger, weil alle anderen das auch tun? Nehmen wir nicht viel zu viele Aufgaben an, weil wir so stolz über all die Verantwortung sind? Und, mal ehrlich, sagen wir nicht viele Verabredungen ab, weil der Stress eine so bequeme Ausrede geworden ist?<br /><br />Klar ist: Der Job wird sich niemals für all die Aufmerksamkeit bei uns bedanken. Er wird uns nicht die andere Betthälfte wärmen und kaum die schönsten Erlebnisse unseres Lebens bescheren. Genau die haben wir aber verdient. Ein passendes Motto dazu gibt es, ganz profan von einem Autoaufkleber: Du bist nur einmal jung. Aber wenn du alles richtig machst, ist einmal genug.<br /><br />(Article by manager-magazin.de 2007)Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-33001860059417060232007-01-24T18:21:00.000+07:002007-01-24T18:24:34.431+07:00Erst in Rente, dann schnell wegvon Annette Berger (FTD)<br /><br />Wer in 30 oder 40 Jahren in den Ruhestand geht, ahnt: Die Rente wird knapp. Junge Berufstätige trauen dem staatlichen Rentensystem immer weniger, zeigt eine neue Studie. Der Rentner von morgen hat aber bereits einen Plan in der Tasche, falls das Geld nicht reicht.<br /><br />So spielen offenbar immer mehr Deutsche mit dem Gedanken, ihren Ruhestand außerhalb Deutschlands zu verbringen. Immerhin jeder sechste künftige Rentner (17 Prozent) erwägt, in ein Land mit niedrigeren Lebenshaltungskosten auszuwandern, zeigt die Postbank-Studie "Altersvorsorge in Deutschland 2007", die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. 2077 Personen ab 16 Jahren wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach in dieser repräsentativen Untersuchung zu ihrer Einstellung zu Rente und Vorsorge befragt.<br /><br />Was derzeit Schüler und Studenten betrifft, könnte künftig ein Metier der Grauhaarigen werden: Gelegenheitsjobs. 68 Prozent der Befragten gaben an, einen Nebenjob ausüben zu wollen, falls die Rente später nicht reicht. Und 36 Prozent würden gern länger in ihrem Beruf arbeiten als es die gesetzliche Altersgrenze erlaubt.<br /><br />Der Rentner von morgen könnte sich auch als Konsumfeind entpuppen. Sind Kleidung, schicke Restaurantbesuche oder teure Urlaube wirklich wichtig? Diese Frage scheinen sich viele der künftigen Alten zu stellen. Denn um ihre Altersvorsorge aufzustocken, würden viele Menschen – zumindest theoretisch – Konsumopfer bringen: 52 Prozent würden bei Restaurant-Besuchen sparen, 45 Prozent beim Autokauf.<br /><br />Beim Urlaub würden sich 37 Prozent der künftigen Rentner einschränken, 33 Prozent gaben an, notfalls für Kleidung weniger Geld auszugeben. Der Nachwuchs der heute Mittelalten muss die elterliche Sparwut allerdings nicht fürchten: Nur vier Prozent der Befragen würden bei Ausgaben für ihre Kinder knausern, ergab die Studie.<br /><br />Besser informiert, aber misstrauischer<br /><br />Das Vertrauen in das staatliche Rentensystem ist an einem Tiefpunkt angelangt, konstatiert die Postbank-Studie. Jeder sechste künftige Rentner fürchte, seinen Lebensunterhalt im Alter nicht mehr selbst bestreiten zu können und zu verarmen. "Erstmals gestehen die Berufstätigen in Deutschland mehrheitlich ein, nicht ausreichend für das Alter vorgesorgt zu haben", sagte Postbank-Privatkundenvorstand Wolfgang Klein bei der Vorstellung der Studie. Nur noch 39 Prozent der Berufstätigen gaben an, ausreichend für ihr Alter gespart zu haben. In den vergangenen beiden Jahren lag dieser Wert stets bei mehr als 40 Prozent. Sollte deshalb der Gesetzesgeber die private Altersvorsorge zur Pflicht machen? Die Mehrheit der Deutschen sagt laut Studie "nein".<br /><br />Inzwischen sind die Deutschen gut über private Vorsorgemodelle und steuerliche Förderungen informiert, ergab die Untersuchung weiter. Das war früher anders, wie ähnliche Befragungen seinerzeit ermittelt hatten. Noch im vergangenen Jahr seien die neuen steuerlichen Förderungen den meisten Deutschen nicht bekannt gewesen, sagte Postbank-Vorstand Klein.<br /><br />Ein Drittel hat Vertrauen vollkommen verloren<br /><br />Besser informiert, aber misstrauischer gegenüber dem heutigen staatlichen Rentensystem - auf diesen Nenner kann man die Einstellung vieler künftiger Ruheständler bringen. So gab niemand der Befragten an, "sehr großes Vertrauen" in die Stabilität der deutschen Rentenkasse zu haben. "Weniger Vertrauen" haben 56 Prozent der Deutschen und der Berufstätigen. Jeder dritte Deutsche (32 Prozent) hat dagegen "gar kein Vertrauen" in unser Rentensystem. Betrachtet man die Gruppe der Berufstätigen separat, liegt dieser Anteil noch höher - bei 34 Prozent.<br /><br />Besonders misstrauisch sind Frauen: "Altersarmut befürchten berufstätige Frauen deutlich stärker als Männer", sagte Klein. 18 Prozent hätten Angst vor künftiger Armut. Bei allen Befragten - also Männern und Frauen - ergibt sich ein bundesweiter Durchschnittswert von 16 Prozent.Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-56328211237624437112006-12-16T19:16:00.000+07:002006-12-16T19:19:57.283+07:00Reform Impossible: 75 Gründe aus Deutschland auszuwandernvon Rüdiger Suchsland <span class="date">09.11.2006</span> <h2><span style="font-size:100%;">Reform Impossible: 75 Gründe aus Deutschland auszuwandern. Und zwar jetzt gleich.</span></h2> <h3><span style="font-size:100%;">Die Deutschen sterben aus? Keine Sorge. Das wird nie passieren. Denn vorher sind sie alle ausgewandert. 145 000 Menschen wanderten nach offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts allein im Jahr 2005 aus Deutschland aus - so viele wie noch nie seit Beginn der Statistiken 1954. Noch Ende der 80er-Jahre waren es weniger als 100.000. Dazu kommen noch einmal über 100.000 Menschen, die sich nicht offiziell abmelden - und nur solche werden statistisch erfasst -, um ihre Sozialversicherungsansprüche nicht zu verlieren, und sich eine Rückkehrmöglichkeit offen zu halten. Deutschland ist bekanntlich Exportweltmeister. Nach den Produktionsstätten und den Jobs exportiert es jetzt auch seine Bürger.</span><br /></h3> <tpxbut> </tpxbut><p class="fliess"> Der Bevölkerungsschwund als solcher ist nicht das Problem; er ließe sich leicht durch bessere Einwanderungsgesetze in eine Zunahme umdrehen. Zum Problem wird, dass es die Jungen und Hochqualifizierten sind, die auswandern - an den Universitäten ist das Schlagwort vom "Brain drain", vom "Hirnabfluß" längst Allgemeingut. Man könnte es auch Volksverdummung nennen: Der Durchschnitts-IQ der Deutschen sinkt, denn trotz Abwanderung der Klugen und Qualifizierten tut die Bundesregierung nichts dafür, dass gut ausgebildete und einwanderungswillige Arbeitskräfte aus anderen Ländern nach Deutschland kommen können. Vielmehr werden sie durch unsinnige Hürden vergrault: </p> <p class="fliess"> Die bereits verabredeten Erleichterungen für Akademiker und andere Spitzenkräfte wurden zurückgenommen: Erst ab einem Einkommen von 85 000 Euro im Jahr erhält man eine Erlaubnis, sich dauerhaft niederzulassen - eine zu hohe Hürde. Auch ausländischen Studenten macht man das Hiersein unnötig schwer. Deutschland verhindert den legalen Zuzug, anstatt ihn intelligent zu steuern. </p> <p class="fliess"> Aus Sicht der Abwanderer sind das sowieso überflüssige Debatten. Sie haben sich entschieden. Und sie haben recht! Denn es gibt viele gute Gründe, mit denen man auf die Frage "Auswandern - warum?" antworten kann, und sich aus Deutschland zu verabschieden. Hier einmal die ersten 75 von ihnen: </p><p class="fliess"> Warum auswandern? </p> <tpxaz> </tpxaz><table class="fliess-iv" border="0" cellpadding="3" cellspacing="0" width="86%"> <tbody><tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Deutschland nicht nur unfähig ist, es ist unwillig, sich zu reformieren. Reform impossible!</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die große Koalition zwar institutionell alle Möglichkeiten hätte. Aber auch die kreist nur um sich selbst, und packt die Probleme aus Feigheit und aus parteitaktischem Kalkül nicht an.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Bevölkerung auch nicht besser ist, als ihre Regierung. Sie zwingt die Regierung nicht zum Handeln, leistet keinen Widerstand, wie die Franzosen, sondern macht wie immer schon wieder einfach mit.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Folge überall mit den Händen zu greifen ist: Ein Mehltau aus Blei hat sich über das Land gelegt. Es herrscht dumpfe Depression, die nur in kurzzeitigen hysterischen Ausbrüchen wie dem Fußball-Populismus des Frühsommers ekstatisch kompensiert wird.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil "Aber" das Lieblingswort der Deutschen ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Angst das Lieblingsgefühl der Deutschen ist. Angst vor der Zukunft. Angst vor der Gegenwart. Angst vor den Fremden. Angst vor dem Eigenen. Angst vor allem.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Möglichkeitssinn den Deutschen fremd ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Phantasie und kreative Experimente in Deutschland systematisch verhindert werden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil das Stahlkorsett des bundesdeutschen Rechts</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>und Ordnungsrahmens, der keine Treppe ohne Geländer, keinen Papierblock ohne DIN-Norm, kein Angeln ohne Angelschein gestattet, Kreativität erstickt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil alles, was doch vielleicht geht, nur im Schneckentempo geht, ohne "Drive".</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Deutschen über eine schrumpfende Bevölkerung debattieren, anstatt sich klar zu machen, dass die durch Einbürgerung jederzeit auszugleichen ist. In Norwegen werden Sprachkurse für Einwanderer vom Staat bezahlt. Fehlende Fachkräfte könnte durch bessere Ausbildung kompensiert werden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man über den Spruch "Kinder statt Inder" hier ernsthaft diskutiert hat. Kinder und Inder müsste es, wenn schon, heißen. Stattdessen ist die Realität jetzt: Keine Kinder, keine Inder.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die deutsche Linke die machtvergessenste Linke Europas ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil sich in Deutschland auch die Neoliberalsten nicht trauen, die Wahrheit einfach auszusprechen, und zu sagen: "Ein paar Prozent Arme und Arbeitslose nehmen wir hin, wir wollen solche Unterschiede."</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil aber solche Ehrlichkeit die Voraussetzung funktionierender Gesellschaften ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil hier Leute wie Ulf Poschardt über "Deutschlands Hang zur Gleichmacherei" lästern, die angeblich "Zukunft vernichtet", und dabei verschweigen, dass zum Beispiel im Bildungsbereich Deutschland das ungleichste Industrieland der Welt ist, und dass gerade das unser Problem ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es hier noch nicht einmal die Kinderbetreuungplätze gibt, die gesetzlich garantiert sind. Aber auch wenn es sie gäbe, wäre das im Vergleich zum europäischen Ausland viel zu wenig.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Mütter in Deutschland auf die Frage, warum sie drei Monate nach der Geburt nicht wieder arbeiten, ernsthaft und ungestraft antworten: "Warum soll ich dann überhaupt Kinder kriegen?"</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es aber für die Mütter, die drei Monate nach der Geburt wieder arbeiten wollen, keine entsprechenden Kinderbetreuungseinrichtungen gibt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil aber niemand dafür protestiert, dass sich das ändert vor allem nicht die jungen Frauen, die am stärksten von der Situation benachteiligt werden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in Deutschland überhaupt niemand wirklich und unter Risiko für seine Rechte und gegen Missstände protestiert, und weil die, die es doch tun, sich des Missfallens der schweigenden Mehrheit sicher sein dürfen.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil allerorten von jedermann Kreativität und Mobilität gefordert wird, aber in der Praxis an den Schulen stupides Auswendiglernen und neualte Disziplinierung dominieren, und an den Universitäten eine neue Verschulung. Dadurch wird das Gegenteil erreicht: Schüler werden unkreativer, Studenten immobiler, die Ausbildungen insgesamt verlieren weiter an Wert, deutschen Schüler und Studenten fallen im internationalen Vergleich weiter zurück.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man an den Schulen die Schulzeit verkürzt, anstatt sie zu verlängern, was angesichts des wachsenden Wissens nötig wäre.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Ausbildungszusagen der Industrie seit Jahren nicht eingehalten werden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man an den Gymnasien unter der Maske des "G 8" die Ganztagsschule einführt, die Hälfte der Kosten und des Unterrichts aber de facto auf die Eltern abwälzt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man an einer deutschen Uni nicht für Leistung und Schnelligkeit belohnt wird, sondern bestraft. Denn an der Universität treffen ein Prüfungsausschuss und Behörden, die aus Nichtakademikern bestehen, die Entscheidungen, nicht die Professoren.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man mit dem BA ein Billig-Examen einführt, das auf nichts vorbereitet, und nichts bringt außer der Illusion, man habe einen Studienabschluß.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil "überqualifiziert" in Deutschland ein Argument ist, einen Job nicht zu bekommen.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die bestausgebildete Akademikergeneration sich von Praktikum zu Praktikum und von befristeter Stelle zu Projektauftrag hangeln muss.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil der feste Job in jedem Fall schlechter bezahlt ist als eine Generation zuvor.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man in Deutschland Gebühren für internetfähige Computer erhebt, anstatt Kabelanschluss und Internet frei Haus zu vergeben.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Automobilindustrie in Deutschland zur Heilige Kuh erhoben ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, bzw. es "nicht durchsetzungsfähig" ist, sprich von der Automobilindustrie verhindert wird, die Bahnpreise niedrig zu halten, und den öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif zur Verfügung zu stellen, um eine echte verkehrspolitische Wende zu bewirken</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Föderalismusreform gescheitert ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in Deutschland Kulturhoheit Ländersache ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Deutschland ein erstickend bürokratisches Land ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil der Ladenschluss immer noch nicht abgeschafft wurde</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Kirche in Deutschland soviel Macht und Sonderrechte hat, wie sonst nur in Polen.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es hier außer in wenigen Orten keine Kneipen ohne Polizeistunde gibt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil "Das Parfüm" über 4 Millionen Zuschauer hat.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Bernd Eichinger der erfolgreichste Produzent ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man hier Joachim Fest für einen Intellektuellen hält.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil sich in Deutschland das öffentliche Fernsehen mit einem Kulturauftrag schmückt, diesen aber nicht erfüllt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in vielen Ländern der Welt das Wetter besser ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in vielen Ländern der Welt der Wein und das Essen besser sind.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in Deutschland die Arbeitslosenversicherung nur ein Jahr gilt, gleich wie lange man eingezahlt hat. Und eine private Arbeitslosenversicherung, die wie eine Versicherung funktioniert, gibt es gar nicht.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil man in Deutschland verlangt, in eine Rentenversicherung einzuzahlen, obwohl jetzt schon klar ist, dass alle Einzahler später kaum noch Rente bekommen. Auch hier gibt es keine realistische private Alternative.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil der Staat immer mehr Leistung verlangt, aber selbst immer weniger leistet.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Leistung sich hier keineswegs lohnt. Bildung und Ausbildung garantieren heute nichts mehr. Sie sichern keine Perspektive, sie sichern nicht die Existenz, sie schützen nicht vor Arbeitslosigkeit.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil sich Leistung woanders weitaus mehr lohnt. Dort sind Grund und Wohnungen billig, die Gesundheitsversorgung auch, manchmal sogar umsonst.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil jeder, der unter 50 ist, in den kommenden Jahrzehnten immer höhere Abgaben leisten muss, ohne darauf hoffen zu können, entsprechende Leistungen zurückzubekommen.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es in Deutschland mehr Bankfilialen als Bäckereien gibt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Arbeitslose mit über 45 in Deutschland kaum noch eine Stelle finden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil in Deutschland die soziale Kälte zunimmt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die FDP immer noch nicht "weggeharkt" (Helmut Schmidt, 1982) wurde.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil vom Parteispendenskandal der CDU keiner mehr redet, und die Beteiligten quasi ungestraft geblieben sind.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Kurt Beck SPD-Vorsitzender geworden ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die GRÜNEN keinen zweiten Joschka Fischer haben.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Angela Merkel es tatsächlich zur Bundeskanzlerin geschafft hat.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil einer wie Edmund Stoiber es beinahe auch zum Bundeskanzler geschafft hätte.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil einer wie Guido Westerwelle sich über zehn Jahre in einem politischen Spitzenamt halten kann.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die viel beschworene Flexibilisierung eben auch bedeutet, dass man in Länder auswandert, wo man bessere Bedingungen findet.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil Neonazismus und Rechtpopulismus in Deutschland wie in ganz Europa zunehmen, und nichts dafür spricht, dass sich diese Tendenz in Zukunft ändert,</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es hier keine Perspektive gibt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es den Kindern von heute morgen nicht besser gehen wird. Darum bekommen immer mehr Erwachsene auch erst gar keine.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die Gesellschaft überaltert, und viele Alte auf ihrem sehr breiten Hinterteil solange sitzen bleiben, bis sie tot umfallen, aber nie Jüngeren von selbst Platz machen würden.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die EU keine gemeinsame Außenpolitik entwickelt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die EU der ökonomischen keine politische und kulturelle Union folgen lässt.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die EU keine handlungsfähigen Institutionen ausbildet.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil die EU keinen politischen Willen hat.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es der EU wieder besseres Wissen nicht gelingen wird, die Türkei aufzunehmen, und weil dieses moderne Schisma verheerende Folgen für Europa und sein Verhältnis zur islamischen Welt haben wird.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil ganz Europa mittelfristig dem Untergang geweiht ist.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil das 21. Jahrhundert das asiatische Jahrhundert sein wird. In ein paar Jahrzehnten wird Europa nur noch als Freizeitpark und romantisches Urlaubsrefugium existieren.</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil es woanders besser ist: In Kanada, Australien und Neuseeland, in Indien und China, in Argentinien und Brasilien zum Beispiel</tpxazxtext></td> </tr> <tr> <td valign="top" width="11"><img src="http://www.heise.de/tp/r4/icons/inline/liste.gif" alt="*" border="0" /></td> <td valign="top"><tpxazxtext>weil zu viele Deutsche auswandern.</tpxazxtext></td> </tr> </tbody></table> <p class="fliess"><span class="text_url">Artikel-URL: </span><a class="text_url" href="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23918/1.html">http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23918/1.html</a></p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-63367300902158827662006-11-02T11:35:00.000+07:002006-11-02T11:42:11.313+07:00Migration: Und tschüs ...Von Julia Bonstein, Alexander Jung, Sebastian Matthes und Irina Repke<br /><br />Die Jobaussichten sind schlecht, die Steuern hoch, die Bürokraten nervig: Immer mehr Deutsche haben genug von ihrem Land, sie wandern aus. Und meist sind es die Qualifizierten, die gehen. Mit ihnen verschwindet wertvolles Wissen, die wirtschaftlichen Folgen sind fatal.<br /><br />Sie sind es satt, so satt. Dieses ewige Gezänk um Lohnnebenkosten, Sozialreformen, Subventionsabbau, Ladenschluss und all die anderen Symbole einer blockierten Republik.<br /><br />Frank Pigorsch, 45, Maurermeister aus Harsefeld, mit seiner Frau Birgit und den Kindern Aaron und Johannes, heute in Calgary: "Mit Mitte 40 ist das die letzte Chance."<br /><br />Frank Pigorsch, 45, Maurermeister aus Harsefeld, mit seiner Frau Birgit und den Kindern Aaron und Johannes, heute in Calgary: "Mit Mitte 40 ist das die letzte Chance."<br />Sie sind es leid, in einem Land zu leben, in dem es einem Lotteriespiel gleicht, einen Krippenplatz zu ergattern - einem Land, in dem nicht einmal die Hälfte der Menschen von Erwerbsarbeit lebt. Und in dem selbst Akademiker mit Mitte 40 bereits als schwer vermittelbar gelten; einem Land also, in dem alle Chancen verteilt scheinen: auf beruflichen Erfolg, auf Eigentum, auf Wohlstand.<br /><br />Deshalb wollen sie weg. Nichts wie weg. Dorthin, wo sie eine bessere Zukunft vermuten. In die Dritte Welt zum Beispiel, nach Indien.<br /><br />René Seifert, 35, ist noch immer wie berauscht von Bangalore, der aufstrebenden Metropole des Subkontinents, wo sich nachts die jungen Programmierer in den Tanzlokalen drängeln und tagsüber Autos die Rikschas überholen und Rikschas die Kühe - und doch alles irgendwo seinen Platz findet. Seifert liebt dieses Chaos. "Das Pulsierende in Asien, die positive Grundstimmung und die vielen Möglichkeiten faszinieren mich", schwärmt er.<br /><br />Seifert, ein diplomierter Kaufmann, der früher Unterhaltungschef beim Internet-Portal Lycos Europe war, hat mit ein paar tausend Euro Startkapital eine Firma in Bangalore gegründet, er berät deutsche Mittelständler, die sich hier ihre Buchhaltung erledigen lassen wollen. Dass er irgendwann einmal nach München zurückkehren wird, kann er sich kaum vorstellen: "Hier geht es doch jetzt erst richtig los."<br /><br />Ähnlich empfindet es der Mediziner Frank Naumann, 38, der zusammen mit seiner Frau vor den "miserablen Arbeitsbedingungen zu Hause" nach Österreich geflüchtet ist: "Vom Nordkap bis zu den Emiraten sind deutsche Ärzte gefragt, weshalb sollte ich da in Cottbus bleiben?"<br /><br />Sechs Jahre lang wurde der Facharzt an einer Cottbuser Klinik mit Zeitverträgen vertröstet. Es war höchst ungewiss, wann er je zum Oberarzt aufsteigen würde. Die Naumanns zogen die Konsequenz: Sie siedelten über ins Salzburger Land, nun arbeitet er im Krankenhaus in Schwarzach, unbefristet und als Oberarzt. In Cottbus aber musste das Klinikum Notdienstpläne aufstellen, weil immer mehr Ärzte fehlten.<br /><br />Fast jeder kennt heute Leute wie Seifert oder Naumann, die mitten im Leben neu anfangen wollen. Leicht fällt der Abschied wohl keinem, doch irgendwann ist der Frust so groß wie die Sehnsucht auf eine neue Zukunft. Selten haben sich so viele Menschen in Deutschland dafür entschieden, alles hinter sich zu lassen: Haus und Hof, Eltern und Tanten, Freunde und Kollegen.<br /><br />Genau 144.815 Deutsche sind im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt fortgezogen, das ist fast ein Viertel mehr als 2002. Zugleich kehren immer weniger aus dem Ausland zurück, zuletzt waren es 128.052. Erstmals seit einer Generation wandern wieder mehr Deutsche aus als ein. Und das sind bloß die offiziellen Zahlen.<br /><br />Vermutlich gibt es etwa noch mal so viele Fortzügler, die es versäumen, sich bei ihrer Gemeinde abzumelden. Längst sind es nicht mehr nur Aussteiger, Steuerflüchtlinge oder Prominente, die sich auf und davon machen. Heute zieht es Internisten nach Norwegen, Ingenieure in die USA, Agrarwissenschaftler nach Neuseeland. Deutschland, kein Zweifel, wird zum Auswanderungsland.<br /><br />Der typische Emigrant ist im besten Alter, zwischen 25 und 45, hat eine ordentliche Ausbildung genossen und schon Karriere gemacht. "Wer geht, ist häufig hoch motiviert und gut ausgebildet", sagt Stefanie Wahl vom Bonner Institut für Wirtschaft und Gesellschaft. Ganz anders verhält es sich mit den Einwanderern: "Wer kommt, ist meistens arm, ungelernt und wenig gebildet." Genau hier liegt das Problem.<br /><br />Immer mehr Menschen kehren Deutschland den Rücken, und zwar vor allem die Leistungsträger: Laut einer OECD-Studie verliert kaum ein anderer Industriestaat so viele Akademiker ans Ausland. Der Anteil der Promovierten liegt unter den Auswanderern zehnmal höher als im Schnitt der Bevölkerung. Und die Hälfte der Emigranten ist jünger als 35 Jahre: "Das ist ein Alarmzeichen", warnte vergangene Woche Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags.<br /><br />Zugleich aber kommen immer weniger Neubürger ins Land, und dann sind es häufig nicht gerade solche, die die Unternehmer besonders umwerben. Während Staaten wie Australien oder Kanada in erster Linie ins Land lassen, wen sie wirklich brauchen, qualifiziert in Deutschland die meisten Einwanderer lediglich die Tatsache, dass sie Familiennachzügler oder Spätaussiedler sind - eine Fehlsteuerung mit weitreichenden Folgen.<br /><br />Der Hamburger Ökonom Thomas Straubhaar warnt vor einer Art "DDR-Effekt", wenn das Land ausgerechnet jene Kräfte verliere, die flexibel seien und offen für Neues. "Wenn wir nichts dagegen tun, werden sich die Probleme dieses Landes in einer Weise zuspitzen, wie sich das heute kaum jemand vorstellen kann."<br /><br />Dem Rentensystem gehen Beitragszahler just zu einer Zeit verloren, da sich das Riesenheer der Babyboomer allmählich in den Ruhestand verabschiedet. Die demografische Krise verschärft sich, zumal ohnehin 2005 schon 144.000 mehr Menschen in Deutschland gestorben sind als geboren wurden und der Abstand zwischen Geburten und Sterbefällen weiter wächst.<br /><br />Für die deutsche Volkswirtschaft bedeutet die Abwanderung der Eliten ein gewaltiges Verlustgeschäft: Der Staat steckt Zigtausende Euro in die Ausbildung jedes Biologen, Informatikers oder Ingenieurs. Und dann verlassen diese Spezialisten frustriert das Land.<br /><br />Von knapp 12.000 Medizinstudenten, die pro Jahr ihr Studium beginnen, arbeiten am Ende weniger als 7000 in Kliniken oder Praxen; von ihnen wiederum verlässt laut Marburger Bund knapp die Hälfte Deutschland. Die Ausbildung dieser etwa 3000 Ärzte kostet den Staat rund 600 Millionen Euro - und davon profitieren die Patienten in Großbritannien, Norwegen oder der Schweiz.<br /><br />Letztlich schwächt der Export solchen Geistesvermögens den Standort. Vielen Unternehmen fehlen heute schon Fachkräfte, 16 Prozent der deutschen Firmen können nicht alle Arbeitsplätze besetzen, weil sie keine geeigneten Mitarbeiter finden. Allein im Maschinenbau gibt es derzeit rund 7000 offene Stellen für Ingenieure.<br /><br />"Es kann nicht sein, dass vor allem Menschen auswandern, die für uns wertvoll sind, die gut ausgebildet und motiviert sind", beklagt DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche den "Brain Drain", wie Personalexperten den "Abfluss der Hirne" umschreiben. Zugleich, so fordert der Top-Manager, müsse der Staat eine andere Zuwanderungspolitik verfolgen: "Es sollten auch Menschen einwandern können, die uns helfen, unsere Probleme zu lösen."<br /><br />Was früher wie ein exotischer Traum erschien, ist heute für viele eine durchaus realistische Option in ihrer Lebensplanung. Schon drei Millionen Deutsche leben mittlerweile im Ausland. Erst hat Deutschland, der Exportweltmeister, die Produktionsstätten verlagert, dann die Jobs. Jetzt folgen seine Bürger.<br /><br />Manche treibt die Lust aufs Abenteuer in die Ferne. Andere haben die Nase voll von typisch deutschen Eigenheiten, dem Hang etwa, immer neue Regeln zu erfinden, wo gar keine nötig wären. Einige suchen einfach nur ihren Platz an der Sonne. Oft aber ist der wichtigste, im Wortsinn, Beweggrund eher ökonomischer Natur: Sie sehen in Deutschland keine berufliche Perspektive mehr und wollen sich dort eine neue Existenz aufbauen, wo ihre Arbeitskraft noch begehrt ist. Und das ist an erstaunlich vielen Orten der Welt der Fall.<br /><br />Australien hat eigens eine Kampagne gestartet, um Fachleute aus Übersee zu werben, vom Friseur bis zum Mineningenieur. Auch Neuseeland sucht aktiv nach qualifizierten Kräften. Die meisten Auswanderer freilich scheuen den ganz großen Sprung. Ihnen ist es Wagnis genug, in einem der Nachbarstaaten neu zu starten.<br /><br />In Österreich beispielsweise arbeiten inzwischen über 57.000 Deutsche. Auch die Schweiz wird immer beliebter: Schon jeder zehnte Auswanderer entscheidet sich für den Nachbarn im Süden, in kein anderes Land sind 2005 so viele Deutsche gezogen. Und dänische Arbeitsvermittler reisen extra zu Jobbörsen nach Deutschland, um gesuchte Kräfte zu rekrutieren.<br /><br />Montagmorgen in der Zentrale der Hamburger Arbeitsagentur: Grith Tschorn vom dänischen Personaldienstleister Ramsdal sitzt vor ihrer rotweißen Nationalflagge. Auf dem Schreibtisch liegt ein Stapel mit Arbeitsverträgen. Wer Schweißer gelernt hat, kann sofort unterschreiben, solche Leute engagiert sie fast blind.<br /><br />"Hi, ich bin die Grith", grüßt sie den jungen Mann, der vor ihr Platz nimmt. "Hallo, ich heiße Ramon Berg", antwortet er, ein bisschen irritiert über die vertrauliche Anrede. "Was kannst du, Ramon?", kommt sie gleich auf den Punkt.<br /><br />Ramon Berg, 29, aus Kiel kann einiges, er ist gelernter Gas- und Wasserinstallateur und diplomierter Bauingenieur. "Echt? Bauingenieur?", fragt die Dänin. "Ich weiß, ist schwierig", antwortet er kurz; er sieht schon seine Chancen schwinden. "Nein, das ist unheimlich leicht", unterbricht sie ihn, "wir suchen Bauingenieure, dringend." Sie habe bereits einen Arbeitgeber im Hinterkopf, in drei oder vier Wochen könne er da wohl anfangen.<br /><br />So schnell ändern sich Lebensläufe.<br /><br />Oft schon hatte Deutschland regelrechte Auswanderungswellen zu verkraften. Mitte des 19. Jahrhunderts, nach mehreren größeren Hungersnöten, lockten die Verheißungen der Neuen Welt Hunderttausende zu den Gestaden jenseits des Atlantiks. Im 20. Jahrhundert dann flüchteten sie erst vor Rezession und Inflation, später flohen sie vor dem Terror der Nazis, darunter solche Geistesgrößen wie der Physiker Albert Einstein.<br /><br />Rund fünf Millionen Menschen verließen zwischen 1850 und 1939 ihre Heimat allein über den Hamburger Hafen. Die Emigranten kamen in der Regel aus kleinen Verhältnissen, es waren Bauern, Mägde, Tagelöhner. Sie waren beseelt von der Hoffnung, dass sie es woanders einmal besser haben könnten, zumindest aber ihre Kinder. Und deshalb gingen sie das ungeheure Wagnis ein.<br /><br />Dagegen ist Auswandern in der grenzenlosen Welt von heute beinahe ein Kinderspiel.<br /><br />Wer nach Helsinki, Dublin oder Sevilla übersiedelt, benötigt nicht mal eine Arbeitserlaubnis: Es ist mehr Umziehen als Emigrieren.<br /><br />Heute ist jede größere Stadt der Erde innerhalb von 36 Stunden erreichbar. Ein Zehn-Minuten-Telefonat, egal wohin, kostet meist nicht mal einen Euro, per Internet noch weniger. Außerdem sind die Familienbande nicht mehr ganz so eng wie früher, meist führt jede Generation ihr eigenes Leben. Und so sind es heutzutage auch ganz andere Menschen, die einen neuen Pfad einschlagen.<br /><br />Es sind Leute wie der Medienrechtler Rufus Pichler, 35: Der Jurist lebt in San Francisco, er arbeitet bei Morrison & Foerster, einer der größten Anwaltskanzleien der Welt, außerdem hat er an der Elitehochschule Stanford geforscht. Hierzulande sei eine solche Kombination kaum möglich, erzählt er: "Wenn man in Deutschland erst mal in einer Kanzlei sitzt, ist es mit der Uni-Lehre vorbei."<br /><br />Pichler war an der Universität Münster wissenschaftlich tätig, dann hatte er "die Nase voll von den Strukturen", wie er sagt. Eigentlich wollte er nur ein Jahr in Stanford bleiben und dort seinen "Horizont erweitern"; sein Fachgebiet ist das Internet-Recht. In Stanford, im Silicon Valley, war er dafür genau am richtigen Ort. Er machte sich schnell einen Namen, dann bekam er von der Kanzlei in San Francisco eines dieser Angebote, denen man nicht widerstehen kann.<br /><br />So etwas erleben viele Deutsche, die im Ausland studieren; ihre Zahl hat sich seit 1990 auf mehr als 62.000 fast verdoppelt: Erst planen sie, nur kurz ihre Heimat zu verlassen - dann finden sie Gefallen am Leben und Arbeiten in Boston oder Barcelona und bleiben auf unbestimmte Zeit. Inzwischen ist es schon für mehr als die Hälfte der deutschen Studenten laut einer Umfrage vorstellbar, sich im Ausland eine Existenz aufzubauen.<br /><br />Vor allem Spitzenforscher nehmen gern die größeren Freiheiten in Anspruch, die ihnen das Ausland vielfach bieten kann. Der gebürtige Berliner Wolfgang Schönfeld, 50, beispielsweise hat sich vor zwei Jahren entschieden, seine Biotech-Gründerfirma Eucodis in Wien anzusiedeln. Zunächst hatte er auch München, Dresden oder Frankfurt am Main in Erwägung gezogen: "Aber da gab es immer einen Haken."<br /><br />Schönfeld und sein Team haben ein Verfahren entwickelt, mit dem man Gene so kombinieren kann, dass neue Proteine entstehen. Als er damals auf die Suche nach einem Standort ging, hatte ihn die Negativstimmung in Deutschland abgeschreckt, kaum ein anderes Land sei in puncto Gentechnik so fanatisiert gewesen, meint er: "Es fehlt der Drive", war sein Eindruck, "alles geht im Schneckentempo."<br /><br />Mittlerweile sei es etwas besser geworden, trotzdem ist der Firmengründer froh, dass er den Schritt nach Österreich gewagt hat. In der Region habe sich inzwischen eine Vielzahl an Biotech-Firmen angesiedelt, berichtet er, von Wien gehe "eine unheimliche Sogwirkung" aus.<br /><br />Neben den Hochqualifizierten finden inzwischen aber auch immer mehr Durchschnittsbürger den Mut, ganz neu anzufangen, meist freilich notgedrungen: Sie bügeln Wäsche in Südtiroler Hotels, bedienen Gäste in Tessiner Restaurants und kochen Semmelknödel im Stubaital. Für nichts sind sie sich zu schade, alles ist besser als Hartz IV.<br /><br />Bemerkenswert viele dieser deutschen Gastarbeiter sind Handwerker: Tischler und Klempner, Metzger und Bäcker - sie genießen im Ausland einen hervorragenden Ruf. Sie sind ordentlich ausgebildet und gelten als fleißig, pünktlich und erfahren.<br /><br />Seit 30 Jahren arbeitet Frank Pigorsch, 45, aus Harsefeld bei Stade am Bau. Seine alte Firma hat Insolvenz angemeldet, der Maurermeister wurde arbeitslos, schrieb zahllose Bewerbungen - vergebens.<br /><br />Auf einer Jobmesse kam er in Kontakt mit einem kanadischen Bauunternehmen aus der boomenden Westprovinz Alberta, dort befinden sich große Ölvorkommen. Pigorsch erhielt ein Angebot, seit März arbeitet er in Calgary. Irgendwann habe er seinen Chef zur Seite genommen: "Joe, wie sieht das aus? Kann ich bleiben?" Er konnte. Nun hat der Maurermeister die Familie nachgeholt: seine Frau<br /><br />Birgit und die Söhne Aaron und Johannes. "Mit Mitte 40 ist das die letzte Chance", sagt er.<br /><br />Kanada, aber auch Australien, Neuseeland und demnächst Großbritannien bedienen sich eines Punktesystems, um die Einwanderung zu steuern: Diese Länder heuern primär jene Kräfte an, die langfristig gesucht werden. Wer zum Beispiel jünger als 29 ist, bekommt in Australien in der Kategorie "Alter" die meisten Punkte. Über 45-Jährige haben es dagegen schwer. Die Hürden liegen hoch.<br /><br />Beste Chancen hätte etwa der 27-jährige Bäckermeister mit ein paar Jahren Berufserfahrung, der fließend Englisch spricht, schon mal in Melbourne ein Praktikum absolviert hat und am besten noch ein paar tausend Euro mitbringt. Ein solcher Bewerber bekäme bis zu 140 Punkte, 120 muss er derzeit erreichen, um ins Land zu dürfen, in Kanada sind es 67 von 100 möglichen Punkten.<br /><br />Ein solches Steuerungsinstrument für den Zuzug wollte die rot-grüne Regierung auch in Deutschland einführen, so hatte es die Kommission unter Führung der CDU-Politikerin Rita Süssmuth vorgeschlagen. Der Passus stand 2003 sogar bereits im Entwurf zum neuen Zuwanderungsgesetz. Doch angesichts damals steigender Arbeitslosenzahlen und zuvor schon populistischer Stimmungsmache ("Kinder statt Inder") knickte die Union ein, das Punktesystem musste raus aus dem Papier.<br /><br />Jetzt ist der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs schmerzlich zu spüren und der Verdruss groß. Die Zahl der Einwanderer liegt so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr, auch die einst so umjubelte Green Card übte wenig Anziehungskraft aus.<br /><br />Insgesamt haben sich im vergangenen Jahr lediglich 900 hochqualifizierte Kräfte eine Niederlassungserlaubnis ausstellen lassen. Kein Wunder bei derart abschreckenden Voraussetzungen: Nur wer mehr als rund 84.000 Euro im Jahr verdient oder eine exponierte Position in der Wissenschaft innehat, darf sich dauerhaft in Deutschland niederlassen. Und Selbständige müssen mindestens eine Million Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen, wenn sie hierzulande ihr Glück versuchen wollen. Eine junge Ärztin aus den USA, würde sie denn kommen wollen, hätte in Deutschland keine Chance.<br /><br />"Deutschland hat sich eingeigelt", kritisiert der Osnabrücker Historiker und Migrationsexperte Klaus Bade die Abschottungsstrategie. "Das geht auf Dauer ohne schwere Einbußen an Innovationskraft nicht ab."<br /><br />Gerade die Bundesrepublik mit ihrer alternden und schrumpfenden Bevölkerung ist auf qualifizierte Einwanderer angewiesen. Eigentlich müssten - nur um den Bevölkerungsstand zu halten - unter dem Strich 200.000 bis 300.000 Ausländer einwandern. Tatsächlich kamen im vorigen Jahr netto lediglich knapp 80.000 Menschen ins Land.<br /><br />Und ebenso unzweifelhaft ist der Trend, dass gerade jene Länder, die ihre Zuwanderung aktiv steuern, ökonomisch weitaus besser dastehen. In Kanada, Australien oder in den USA wächst die Wirtschaft kontinuierlich und stärker als in Deutschland, dort liegt die Arbeitslosenrate durchweg niedriger. Die verbreitete Furcht, dass Zuzügler Einheimischen die Jobs wegnehmen, ist offenbar unbegründet.<br /><br />Auch der Vorstoß des Zentralrats der Juden in Deutschland wird einem modernen Einwanderungsrecht kaum zum Durchbruch verhelfen: Die Spitzenorganisation der jüdischen Gemeinden hat unlängst ein Punktesystem für den Zuzug von Juden durchgesetzt. Künftig dürfen vor allem Jüngere bleiben, die über einen Hochschulabschluss und gute Deutschkenntnisse verfügen. Ein Modell für den Bund? Keinesfalls, heißt es aus dem Innenministerium, es werde keinen Paradigmenwechsel der Einwanderungspolitik geben.<br /><br />So verhindert die Bundesrepublik weiterhin den Zuzug, statt ihn intelligent zu steuern. Ausländische Spitzenleute werden Deutschland weiter meiden, während umgekehrt die junge deutsche Elite hinauszieht in die Welt. Allerdings ist es längst nicht für jeden ein Triumphzug. Viele zeichnen sich ein Idealbild von ihrem Zielland und wundern sich dann, dass es im Detail ganz und gar nicht so perfekt ist.<br /><br />Wem ist schon bekannt, dass Österreich einen höheren Spitzensteuersatz verlangt als Deutschland? Oder dass in Großbritannien der Arbeitgeber bei Krankheit längst nicht so viel Lohn zahlt? Wer hat denn genaue Kenntnis davon, dass Gutverdiener in der Schweiz weitaus mehr für die Rentenkasse berappen müssen oder dass ein Kita-Platz in Zürich schon mal 100 Franken pro Tag kosten kann? Und wem ist bewusst, dass Arbeitnehmer in Kanada sich ihren 14-tägigen Urlaubsanspruch erst erarbeiten müssen? Vor Ort kommt oft das böse Erwachen.<br /><br />Viele Auswanderer müssen sich zudem eingestehen, dass zwar ein neues Kapitel in ihrem Leben beginnt, aber sie selbst immer noch die Alten sind, mit all ihren Schwächen und Eigenheiten. Es ist eben doch nicht so leicht, einen Job in Neuseeland zu bekommen, wenn man kaum Englisch spricht. Und es mag sich auch nicht jeder so einfach mit der lässigen Mañana-Mentalität in südlichen Gefilden arrangieren. So vieles ist anders, auch wenn es nur viele Kleinigkeiten sind.<br /><br />Julia Arneth, 33, hat beispielsweise feststellen müssen, dass man sich in Großbritannien auf Zugfahrpläne nicht verlassen darf. Die Hamburgerin ist im Februar nach London übergesiedelt, sie arbeitet als Architektin in der Metropole: "In Deutschland hatte ich nie etwas Festes." Nun lernt sie die Vorzüge des doch leidlich zuverlässigen Personennahverkehrs in Deutschland richtig schätzen.<br /><br />Und als sie nach ein paar Wochen in London Zahnschmerzen bekam, aber nicht sofort einen Termin beim Arzt, da wurde ihr klar, dass es doch manches gibt, was sie vermisst: "Es geht uns schon noch ziemlich gut in Deutschland." Arneth ist jung, die britischen Sonderheiten nimmt sie gelassen.<br /><br />Je älter aber ein Auswanderer ist, desto schwerer fällt ihm die Anpassung an die fremde Umgebung, lautet eine Faustregel. Die andere: Je ferner das Ziel liegt, umso größer sind die Probleme, sich einzugewöhnen. Bis irgendwann die Emigranten dieses tiefe Gefühl von Heimweh in sich hochsteigen spüren.<br /><br />Immer wieder erreichen Beratungsstellen Hilferufe von Deutschen, die im Ausland nicht zurechtkommen und so schnell wie möglich zurückwollen. Bei der Evangelischen Auslandsberatung in Hamburg meldete sich neulich ein Familienvater, der mit der Firmengründung gescheitert war; er musste sich als Pflücker auf einer Plantage durchschlagen, um die Rückflugtickets bezahlen zu können.<br /><br />Andere spielen nicht aus Not, sondern aus Überzeugung mit dem Gedanken an Rückkehr. Gerade Wissenschaftler bleiben oft nur eine Zeitlang im selbstgewählten Exil und setzen ihre Karriere nach einigen Jahren wieder in Deutschland fort - dann aber um viele Erkenntnisse und Erfahrungen reicher. Der "Brain Drain" kann also durchaus wünschenswert sein, sofern irgendwann das Wissen, gleichsam verzinst, zurückfließt ins Land.<br /><br />Allerdings gestaltet sich der Weg zurück oft schwieriger als erwartet. Halvard Bönig, 39, ein auf Hämatologie spezialisierter Kinderarzt, würde am liebsten sofort wieder nach Deutschland ziehen. Er forscht an einer Universität in Seattle an effektiveren Methoden zur Knochenmarkstransplantation. Doch eine Rückkehr wäre für ihn ein Rückschritt: In Deutschland gibt es nur wenige Universitätskliniken mit Lehrstühlen für experimentelle Forschung. Und die raren Stellen werden dort in der Regel intern vergeben.<br /><br />Seit 2002 arbeitet der Wissenschaftler in Seattle, dort hat er ideale Bedingungen vorgefunden. "Wer hier eine gute Idee hat, schreibt einen Antrag und hat dann gute Chancen auf die Finanzierung", sagt er. Aber im Grunde seines Herzens möchte er nach Hause. Die Amerikaner, die er kennengelernt hat, sind ihm zu materialistisch eingestellt, Bönig ist sogar ein wenig<br /><br />unwohl bei dem Gedanken, dass er den Forschungsstandort USA mit seiner Arbeitskraft noch stärkt. "Was ich hier tue, würde ich lieber in Deutschland machen." Aber in der Heimat reißt sich keiner um ihn.<br /><br />Offensichtlich hätten die Deutschen noch nicht begriffen, dass sich die ganze Welt in einem Wettbewerb um die besten Köpfe befinde, meint der Essener Arbeitsökonom Thomas Bauer. Und da erscheine Deutschland im Vergleich keinesfalls besonders attraktiv: Die Steuerlast sei zu hoch, der Verdienst zu gering, der Neid gegenüber Besserverdienern besonders ausgeprägt. "Das schreckt speziell Hochqualifizierte stark ab", dem Standort entstehe dadurch ein "massiver Schaden".<br /><br />Es steht viel auf dem Spiel. Wenn gute Leute ins Ausland abwandern und dort reüssieren, spricht sich dies zu Hause schnell herum. Dann eifern ihnen die Daheimgebliebenen nach. Die Erfolge motivieren sie, sich ebenfalls ein Herz zu fassen, die Koffer zu packen und das Land auf der Erde zu suchen, wo der Traum zur Wirklichkeit werden kann. Am Ende wird daraus eine Welle.<br /><br />Mit offenen Armen sei er in Oslo empfangen worden, berichtet Klaus Dittmers, 34, ein promovierter Geologe aus Bremerhaven, der seit April bei einem Zulieferer der Ölindustrie in der norwegischen Hauptstadt arbeitet. "Die Norweger sagen sich: 'Wir brauchen die Leute.'"<br /><br />Bis April lebte Dittmers von Hartz IV, dann hielt er die Untätigkeit nicht mehr aus. In Norwegen boomt die Explorationsbranche, Geologen sind gesucht. Er fasste den Entschluss, der gerade sein Leben verändert.<br /><br />Inzwischen kann er sich gut vorstellen, auf Dauer zu bleiben: Dittmers lernt die Sprache, den Kurs bezahlt ihm der Staat. Der Geologe überlegt sich sogar schon, irgendwo zwischen Fjorden und Bergen ein Haus zu kaufen: "Das Land gefällt mir von Tag zu Tag besser."<br /><br />Wieder einer weniger.<br /><br />(c) Spiegel OnlineChristian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-67067064420877541412006-10-02T17:11:00.000+07:002006-10-02T17:13:18.449+07:00Kein Geld mehr fuer Reisen - Immer mehr Deutsche sparen sich den UrlaubKEIN GELD FÜR REISEN<br />Immer mehr Deutsche sparen sich den Urlaub<br /><br />Der Sommerurlaub verliert an Bedeutung: Immer weniger Bundesbürger verreisen in der Hauptferienzeit - und das liegt nicht an Großereignissen wie der Fußball-WM. Ein weiterer Trend: Die Deutschen fahren häufiger mit Freunden und Bekannten in den Urlaub.<br />ANZEIGE<br /><br />Trier - Der Sommerurlaub ist für viele Deutsche nicht mehr so bedeutsam wie in früheren Jahren. Das hat eine Umfrage des Europäischen Tourismus-Instituts (ETI) in Trier ergeben. 44,6 Prozent der Befragten stimmten dabei der Aussage zu "Der große Sommerurlaub ist nicht mehr so wichtig wie früher". Im vergangenen Jahr hatten noch 39 Prozent diese Ansicht vertreten. Der Hauptgrund laut ETI: Die Reisepreise waren in diesem Sommer vielen Menschen zu hoch. Auch seien immer weniger Haushalte auf die Schulferien angewiesen, zudem reisten viele Deutsche lieber mehrmals im Jahr und dann kürzer.<br /><br />Sommer an der Ostsee: Deutschland ist das beliebteste Reiseland der Bundesbürger<br /><br />Auch das konkrete Reiseverhalten im Sommer dieses Jahres bestätigt diesen Trend: Nur 48,1 Prozent der Bundesbürger haben in der Ferienzeit von Juni bis September eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen Dauer unternommen. 2005 waren es noch 54,3 Prozent. Die Fußball-WM in Deutschland war jedoch nur zu einem geringen Teil für diese Entwicklung verantwortlich, laut ETI hielt sie nur wenige Deutsche vom Verreisen ab. Das von den Nicht-Reisenden am häufigsten genannte Argument war mit einem Anteil von fast 37 Prozent, dass Urlaub "in diesem Jahr zu teuer" gewesen sei.<br /><br />Als weiteren Trend beobachtet das ETI, dass immer mehr Deutsche mit Freunden und Bekannten in den Urlaub fahren. Dies liege unter anderem daran, dass es immer mehr Single-Haushalte gibt. Auch machten mehr erwachsene Paare mit den eigenen Eltern Ferien. Mit Kindern unter 14 Jahren fuhren dagegen nur noch ein Viertel der Deutschen in diesem Sommer in den Urlaub.<br /><br />Beliebtestes Reiseland der Deutschen war im Sommer 2006 erneut die eigene Heimat: Knapp ein Drittel (32,3 Prozent) machten hierzulande Urlaub. Ganz oben in der Gunst lag mit 21 Prozent Mecklenburg-Vorpommern, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 18 Prozent und Bayern mit 16 Prozent.<br /><br />Auf Platz zwei der beliebtesten Reiseländer folgte Italien (10,6 Prozent) vor Spanien (10,1 Prozent), das in der bei den Bundesbürgern wieder deutlich zulegte. Verlierer waren Österreich (von 6,6 auf 5,3 Prozent) und die Türkei (von 5,8 auf 3,2 Prozent).<br /><br />Leicht zugenommen hat die Zahl der Reisen von fünf bis sieben Tagen Dauer. Mehr als jeder Vierte (27,9 Prozent) packt inzwischen für so kurze Zeit die Koffer. Der Anteil der 15- bis 21-tägigen Touren ging bei den Sommerreisen dagegen von 9,8 auf 6,6 Prozent zurück.<br /><br />Für die Studie wurden laut ETI gut eintausend Deutsche befragt.<br /><br />har/gms/afpChristian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-28932984701376530072006-09-25T00:47:00.000+07:002006-09-25T00:48:18.600+07:00Henkel: Nicht nur in Ungarn, auch in Deutschland wird gelogen<o:p></o:p>Nicht nur in Ungarn, auch in Deutschland lügen Politiker, um sich Wahlerfolge zu sichern. Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel, Mitglied des Konvent für Deutschland, wirft insbesondere Sozialpolitikern vor zu glauben, „falsche Versprechen machen zu müssen“. <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Henkel in der neuen WirtschaftsWoche: „Das aktuellste Beispiel ist der Mindestlohn. Unter vier Augen halten ihn viele Unions- und SPD-Politiker für kontraproduktiven Quatsch und einen Eingriff in die Tarifautonomie. Aber das Argument vom ,Kampf gegen Hungerlöhne’ kommt gut beim Publikum an. Quasi automatisch argumentieren sich die Politiker in eine Lügenwelt hinein.“<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Ein weiteres Beispiel sei die Erhöhung der Mehrwertsteuer. „Vor der Bundestagswahl hatte die Union die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte anheben wollen, die SPD gar nicht; nun schlägt die große Koalition gleich drei Punkte drauf. Diese verlogene Mathematik versteht keiner. Da dürfen sich die Politiker nicht wundern, wenn die Wahlbeteiligung schrumpft.“<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Immerhin habe das Volk bei der Mehrwertsteuer bemerkt, dass es belogen worden sei. Henkel: „Um den Politikern die Angst vor der Wahrheit zu nehmen, sollten in Deutschland die Wahltermine gebündelt werden. Denn wenn im Schnitt alle 90 Tage gewählt wird, sind die Politiker dauernd unter Druck zu lügen, um sich nicht mit unbequemen Wahrheiten ihrer Wahlchancen zu berauben.“<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">[23.09.2006]<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Aus der WirtschaftsWoche 39/2006<o:p></o:p></p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-19556198447207768782006-09-25T00:44:00.000+07:002006-09-25T00:45:38.216+07:00Wie wir leben werden...von Matthias Horx<h3>WIE WIR LEBEN WERDEN - Die Zukunft beginnt jetzt. <o:p></o:p></h3> <h4>Eine Reise durch das Leben im 21. Jahrhundert. <o:p></o:p></h4> <p>Dieses Buch erzählt die Geschichte von zwei Kindern, die im Jahr 2000 geboren wurden. In zwei verschiedenen Kontinenten und zwei Realitäten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. In ihrer wechselhaften Biographie werden die großen soziokulturellen Wandlungen erzählt, die uns jenseits der alten Industriegesellschaft bevorstehen. In einer Mischung aus Science-Fiction und Sachbuch wird die neue globale Wissens-Gesellschaft portraitiert, in der wir unsere Zukunft verbringen werden.<o:p></o:p></p> <p>"Wie wir Leben werden", ist gleichzeitig der Versuch, die moderne Trend- und Zukunftsforschung auf den neuesten methodischen Stand zu bringen. Ich nutze die Erkenntnisse der neuen interdisziplinären Wissenschaften wie Neurobiologie, Ethnopsychologie, Kogitionswissenschaft, Systemtheorie und Soziobiologie für einen ganzheitlichen Ansatz. Meine Fragen an die Zukunft lauten vor diesem Hintergrund:<o:p></o:p></p> <p><em>Geburt</em>: Wie werden wir im "Genetic Age" Kinder bekommen?<o:p></o:p></p> <p><em>Lernen</em>: Wie entwickelt sich die humane Intelligenz in der Wissensgesellschaft?<o:p></o:p></p> <p><em>Liebe</em>: Wie wandeln sich Sex, Familie und Rollenbilder in einer Welt der starken Frauen?<o:p></o:p></p> <p><em>Arbeit</em>: Wie verändert sich Arbeit jenseits der alten Lohnarbeits-Welt?<o:p></o:p></p> <p><em>Wohlstand</em>: Wie re-konfigurieren sich Armut und Reichtum im Post-Industrialismus?<o:p></o:p></p> <p><em>Politik</em>: Was heißt soziale Gerechtigkeit in der globalen Wissensgesellschaft?<o:p></o:p></p> <p><em>Glaube</em>: Wohin driften Glaubens-Bilder und spirituelle Bedürfnisse in der globalen Kultur? <o:p></o:p></p> <p><em>Krieg und Katastrophe</em>: Wie wahrscheinlich ist ein Zivilisations-Zusammenbruch?<o:p></o:p></p> <p><em>Alterung</em>: Die neuen Lebensphasen der Langlebigkeits-Gesellschaft. <o:p></o:p></p> <p><em>Tod</em> – Wie werden wir sterben?<o:p></o:p></p> <p> <o:p></o:p></p> <h2>Inhaltsverzeichnis<o:p></o:p></h2> <p> <o:p></o:p></p> <p><strong>Vorwort</strong><br />Kassandra, Dr. Popper, Helga, Kosmo und ich.<br />Ein Diskurs über Zukunftspessismus und Morgen-Hoffnung.<o:p></o:p></p> <p><strong>Geburt</strong><br />Wird Elternschaft auch in Zukunft unser Leben bestimmen?<br />Welchen "Wert" bilden Kinder in der Wissensgesellschaft?<br />Werden wir klonen?<o:p></o:p></p> <p><strong>Lernen</strong><br />Können wir lebenslang lernen?<br />Welche Qualifikationen brauchen wir für die Zukunft?<br />Wie klug können wir werden?<o:p></o:p></p> <p><strong>Liebe</strong><br />Werden wir alle Singles?<br />Wird Liebe immer romantischer - oder immer rationeller?<br />Werden "Lebensabschnittspartner" die Zukunft bestimmen? <o:p></o:p></p> <p><strong>Arbeit</strong><br />Wird uns die Arbeit ausgehen?<br />Wie flexibel und mobil kann Arbeit werden?<br />Entsteht ein neues Proletariat? <o:p></o:p></p> <p><strong>Wohlstand</strong><br />Ist "immer mehr Konsum" unser Schicksal?<br />Geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander?<br />Wird die Welt wohlhabender oder ärmer?<o:p></o:p></p> <p><strong>Krieg und Katastrophe</strong><br />Werden wir den Dritten Weltkrieg erleben?<br />Wird der Terrorismus das 21. Jahrhundert definieren?<br />Werden Katastrophen zum Ende der Menschheit führen? <o:p></o:p></p> <p><strong>Politik</strong><br />Wird die Demokratie in eine existenzielle Krise geraten?<br />Ist der Staat in der globalisierten Marktwirtschaft überflüssig?<br />Entsolidarisiert sich die Gesellschaft? <o:p></o:p></p> <p><strong>Glaube</strong><br />Wird Religion allmählich verblassen?<br />Auf welche Erlösungen werden wir hoffen?<br />Wie entwickelt sich das Christentum? <o:p></o:p></p> <p><strong>Das ganze Leben</strong><br />Wie verändert die Alterung unsere Kultur?<br />Welche Lebensphasen prägen unsere Biographien?<br />In welchen Landschaften werden wir leben? <o:p></o:p></p> <p><strong>Tod</strong><br />Werden wir den Tod besiegen?<br />Wollen wir den Tod besiegen? <o:p></o:p></p> <p><strong>Epilog: Das 22. Jahrhundert</strong><o:p></o:p></p> <p><strong>Nachwort</strong><o:p></o:p></p> <p> <o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-69676087337478064732006-09-25T00:34:00.000+07:002006-09-25T00:36:27.212+07:00Grundeinkommen - Links:<a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Grundeinkommen">http://de.wikipedia.org/wiki/Grundeinkommen</a><br /><br /><a href="http://www.grundeinkommen.info/">http://www.grundeinkommen.info/</a><br /><br /><a href="http://www.initiative-grundeinkommen.ch/content/blog/">http://www.initiative-grundeinkommen.ch/content/blog</a><br /><br /><a href="http://www.grundeinkommen2005.org/">http://www.grundeinkommen2005.org/</a>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-10893997967563183872006-09-25T00:30:00.000+07:002006-09-25T00:31:46.767+07:00Grundeinkommen - "Wir würden gewaltig reicher werden"<p class="MsoNormal">DM-CHEF WERNER ZUM GRUNDEINKOMMEN<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">"Wir würden gewaltig reicher werden"<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Mit großformatigen Anzeigen wirbt der Gründer der Drogeriemarktkette dm, Götz Werner, für ein garantiertes Grundeinkommen. Das Geld dafür soll eine Steuerreform einbringen, gegen die die Pläne von Paul Kirchhof zaghaft erscheinen. Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erklären er und der Steuerexperte Benediktus Hardorp, wie das Ganze funktionieren soll.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">ANZEIGE<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Herr Werner, Herr Hardorp, Sie fordern ein Bürgergeld, das jedem zustehen soll, egal ob er arbeitet oder nicht, ob er arm ist oder reich. Wie soll das funktionieren?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Dm-Gründer Werner: "Den Menschen Faulheit zu unterstellen ist unfair, und es wird auch der Wirklichkeit nicht gerecht"<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Götz Werner: Nach unserem Modell hätte jeder einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betrag in Höhe von durchschnittlich 1200 Euro pro Monat. Der Unterschied zur heute geübten Praxis würde darin bestehen, dass der Betreffende nicht erst Bedingungen erfüllen muss, um Geld vom Staat zu erhalten.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Sie wollen also auch denjenigen Geld geben, die es eigentlich gar nicht nötig hätten?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Jeder könnte darüber verfügen, ohne als Bittsteller dazustehen. Auf der Basis einer solchermaßen gesicherten Existenz hätte er den Freiraum, den er braucht, um seine Fähigkeiten in die Gemeinschaft einzubringen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Heute haben diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht allein bestreiten können, auch ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Unterstützung. Sie weiten den Kreis der Empfänger nur drastisch aus.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Heute muss jeder nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Ein Beleg für sein Unvermögen sozusagen. Das macht die Menschen zu Almosenempfängern, und das belastet ungeheuer. Die einen kapseln sich ab, werden phlegmatisch, die anderen suchen sich ihre Bestätigung möglicherweise durch Imponiergehabe oder im Extremfall sogar in Gewalt, wie das in den vergangenen Wochen in Frankreich zu beobachten war.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Benediktus Hardorp: Aber nicht nur für die Bedürftigen würde sich viel ändern: Niemand würde mehr arbeiten, um seine Existenz zu sichern, sondern weil er in der Arbeit seine Erfüllung findet. Er hätte die Freiheit, sich den Platz in der Gemeinschaft zu suchen, wo er den sinnvollsten Beitrag leisten kann. Wenn zum Beispiel Bergarbeiter heute auf die Straße gehen, weil unter Tage Arbeitsplätze abgebaut werden, die laut, anstrengend und gefährlich sind, dann nicht, weil sie dort so gerne arbeiten, sondern weil sie um ihr Einkommen fürchten.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Wer aber macht so unattraktive Arbeit wie diese Bergarbeiter, wenn sie nicht mehr darauf angewiesen sind?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Dafür gibt es prinzipiell vier Möglichkeiten. Man macht es selbst, man zahlt entsprechend gute Löhne. Man automatisiert. <st1:place st="on">Oder</st1:place> es geschieht, wie heute schon bei der Spargel- und Erdbeerernte.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Derweil ruhen sich die Deutschen in der sozialen Hängematte aus.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Den Menschen Faulheit zu unterstellen ist unfair, und es wird auch der Wirklichkeit nicht gerecht. Die Allermeisten wollen arbeiten, das zeigt mir meine Erfahrung als Unternehmer - das gilt für die Filialleiter ebenso wie für die Lagerarbeiter oder die Menschen an der Kasse. Denn Arbeit vermittelt den Menschen das Gefühl und Bewusstsein, gebraucht zu werden, anerkannt zu sein im sozialen Netzwerk.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Entspricht diese Sichtweise nicht eher der Wunschvorstellung von einer schönen neuen Welt?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Sie wird noch viel schöner, wenn man sich die gesellschaftlichen Veränderungen vor Augen führt, die das Grundeinkommen zur Folge hätte. Studenten könnten sich ihr Studienfach nach ihren Interessen und Talenten aussuchen und nicht im Hinblick auf die späteren Karrierechancen. Und stellen Sie sich den gemeinnützigen Bereich vor: Mit einem Grundeinkommen könnten es sich die Menschen endlich leisten, dort zu arbeiten und anderen zu helfen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Hardorp: Hinzu kommt, dass Arbeitgeber nicht mehr mit ihren Angestellten umspringen könnten, wie es ihnen beliebt. Die wären nämlich frei in ihrer Entscheidung zu kündigen, weil sie damit nicht ihre Existenz aufs Spiel setzen würden. Die zusätzliche Freiheit würde sich speziell auch in den unteren Lohngruppen bemerkbar machen, denn diese befinden sich unter den bestehenden Umständen in einer doppelten Zwickmühle. Sie werden demotiviert durch schwierige Arbeitsbedingungen und stehen gleichzeitig häufig noch schlechter da, wenn sie arbeiten, als wenn sie sich auf die Sozialsysteme verlassen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Sie wollen aber nicht nur viel Geld für ein Grundeinkommen ausgeben, sondern auch auf Steuereinnahmen verzichten.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Hardorp: Richtig. Null Steuern für alle Einkommen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Alle?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Lohnsteuer, Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Vermögensteuer - alles fällt weg.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Und wer soll das bezahlen?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Ein Großteil der Summe bezahlt die Gesellschaft ohnehin schon für Sozialleistungen und Subventionen - rund 720 Milliarden Euro, die dann wegfallen würden. Nehmen Sie allein den Grundfreibetrag, den jeder in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen kann. Aber Sie haben Recht, am Ende bleibt eine Differenz, die die Bürger bezahlen müssen. Wie groß diese ist, hängt natürlich davon ab, wie hoch das Grundeinkommen ist, über das sich die Gesellschaft verständigt. Wir denken, dass es über das ganze Leben verteilt im Durchschnitt 1200 Euro pro Monat betragen könnte, in der Jugend und im Alter weniger und zwischen 30 und 45 mehr.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Überschlägig gerechnet würde ein Grundeinkommen von durchschnittlich 1200 Euro für jeden Bundesbürger mehr als 1400 Milliarden Euro kosten. Wie wollen Sie die Deckungslücke füllen?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Wie gesagt, über die Höhe des Gundeinkommens müsste sich die Gesellschaft verständigen. Zunächst würde es wohl geringer ausfallen. Aber am Ende wird der Produktivitätsfortschritt in der Gesellschaft so gewaltig sein, dass genügend Geld zur Verfügung stehen wird. Im Übrigen sprechen wir nicht von null Steuern. Eine einzige würde noch anfallen: die Konsumsteuer.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Ein solcher Steuersatz müsste absurd hoch sein. Was Sie den Bürgern also in die rechte Tasche stecken, ziehen Sie ihnen aus der linken wieder heraus.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Die Logik, dass man das Geld erst verdienen muss, bevor man es ausgibt, kann ich auch nicht außer Kraft setzen. Übrigens sind auch heutzutage alle Steuern, tatsächlich alle Steuern, am Ende im Preis für die Ware oder Dienstleistung enthalten. Sie werden also auch vom Endverbraucher bezahlt. Würde man alle Staatseinkünfte über eine einzige Steuer einnehmen, so würde damit auch endlich klar, wie groß der Staatsanteil wirklich ist - er ließe sich ganz einfach an der Höhe der Mehrwertsteuer ablesen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Aber bei einer so hohen Verbrauchsteuer bleibt kaum noch etwas übrig von dem Grundeinkommen?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Zu Anfang würde es ungefähr in dem Bereich liegen, den heute ein Hartz-IV-Empfänger insgesamt zur Verfügung hat.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Ein nicht gerade berauschendes Ergebnis angesichts der Tatsache, dass Sie das gesamte System umstürzen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Die Vorteile sind so groß, dass sich der Umsturz lohnt. Zum einen fällt die Steuer nicht mehr innerhalb des Wertschöpfungsprozesses an, also an der Stelle, wo die Menschen Leistung erbringen. Stattdessen bezahlt sie derjenige, der das Produkt am Ende der Wertschöpfungskette haben will. Leistung würde sich also wieder lohnen. Weil Arbeit billiger würde, könnten eine ganze Reihe neuer Jobs entstehen. Und natürlich hätten diejenigen, die bisher schwarz gearbeitet haben, plötzlich reguläre Jobs. Die Exportwirtschaft würde im Ausland noch wettbewerbsfähiger werden. Kapitalflucht ins Ausland wäre kein Thema mehr, weil sich damit keine Steuerzahlungen mehr vermeiden ließen. Das Geld bliebe im Lande und stünde für Investitionen zur Verfügung. Wir würden um ein gewaltiges Ausmaß reicher werden als heute.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Hardorp: Natürlich würde auch der Drang, Geld lieber in Investitionsruinen zu versenken, als es dem Fiskus zu überlassen, verschwinden, denn wo keine Steuerbelastung anfällt, fehlt auch das Bestreben, sie zu reduzieren. Fehlsteuerungen würden vermieden. Den Vorteil, den die Vereinfachung der ganzen Steuer- und Verteilungsbürokratie mit sich bringt, wage ich gar nicht abzuschätzen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Die Verbrauchsteuern bezahlen Arme gleichermaßen wie Reiche. Wo bleibt der Grundsatz, dass die Starken einen höheren Anteil an der Finanzierung des Staates übernehmen sollen?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Zum einen konsumieren sie natürlich mehr und bezahlen auf diese Weise mehr Steuern. Das Geld, das sie nicht ausgeben, kommt über Investitionen wieder der Gesellschaft zugute. Aber ich gebe zu: Eine überproportionale Belastung, wie wir sie im derzeitigen System kennen, ist das nicht. Sie würde aber auch nichts bringen, denn sie wird am Ende ja doch weiterverkalkuliert und landet in den Preisen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">SPIEGEL ONLINE: Und wie viele zusätzliche Arbeitsplätze würde Ihr Modell bringen?<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Werner: Falscher Ansatz. In dieser Welt gäbe es keine Arbeitslosen mehr, denn alle die arbeiten wollen, könnten das tun - und ich bin sicher jeder würde seinen Weg finden.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Das Gespräch führte Michael Kröger</p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-60926003690756270932006-09-25T00:23:00.000+07:002006-09-25T00:26:54.263+07:00Die Wirtschaft befreit die Menschen von der Arbeit...<span style="font-size:130%;"><span style="font-weight: bold;">Götz Werner, der Chef der Drogeriemarktkette DM: Deutschland braucht ein Bürgergeld und nur noch eine Steuer<br /><br /></span></span> <h3>Alle Politiker sind sich einig: Das wichtigste in Deutschland ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die Drogeriemarktkette DM ist ein Unternehmen, bei dem seit Jahren neue Stellen geschaffen werden. Doch im Gespräch mit Sönke Iwersen überrascht der Gründer Götz Werner mit ungewohnten Ansichten.</h3><br /><br /><b>Herr Werner, wie wichtig ist Ihnen die Schaffung neuer Arbeitsplätze?</b><br /><br />Überhaupt nicht wichtig. Sonst wäre ich ja ein schlechter Unternehmer. Als solcher habe ich meine Aufgaben zu erfüllen.<br /><br /><b>Wäre es nicht Ihre vornehmste Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen?</b><br /><br />Ich muss wirklich sagen, dass ich dieses Gerede von der Schaffung neuer Arbeitsplätze langsam nicht mehr hören kann. Warum wird dem so wenig widersprochen? Die Wirtschaft hat nicht die Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenteil. Die Aufgabe der Wirtschaft ist es, die Menschen von der Arbeit zu befreien. Und das ist uns in den letzten 50 Jahren ja auch grandios gelungen.<br /><br /><b>Sie finden Arbeitslosigkeit grandios?</b><br /><br />Moment. Noch keine Generation in Deutschland musste jemals so wenig arbeiten und hatte gleichzeitig einen solchen Lebensstandard wie wir heute. Als ich ins Gymnasium ging, hatten zwei Kinder in der Klasse einen Fernseher und bei zwei Kindern in der Klasse hatten die Eltern ein Auto. Bei meinen Kindern heute gibt es wahrscheinlich zwei Elternhäuser, die keine zwei Autos haben. Und vielleicht zwei Elternhäuser, die keine zwei Fernseher haben.<br /><br /><b>Aber der Wohlstand kommt doch von Arbeit, nicht von Arbeitslosigkeit. Wie schaffen wir es, dass wieder mehr Arbeitsplätze entstehen?</b><br /><br />Das ist nicht die Frage, die sich ein Unternehmer stellt. Kein Unternehmer überlegt sich morgens, wenn er in den Laden kommt: Wie kann ich heute möglichst viele Menschen beschäftigen? Allein die Vorstellung ist schon absurd. Die Frage lautet umgekehrt: Wie kann ich mit einem möglichst geringen Aufwand an Zeit und Ressourcen möglichst viel für meine Kunden erreichen? Wie kann ich den Laden besser organisieren? Und besser organisieren heißt immer, Arbeit einzusparen. Das ist ein absolutes unternehmerisches Prinzip.<br /><br /><b>Aber Herr Werner. Sie haben bei DM in den letzten Jahren doch selbst tausende von Arbeitsplätzen geschaffen.</b><br /><br />Ja schon. Aber unser Unternehmen ist deswegen erfolgreich, weil es produktiver ist als andere. Weil es produktiver ist, wächst es. Weil es wächst, schafft es Arbeitsplätze. Aber die gehen zu Lasten der Arbeitsplätze bei den Unternehmen, die weniger produktiv sind. Volkswirtschaftlich gesehen führt Erfolg bei gesättigten Märkten immer zum Abbau von Arbeitsplätzen.<br /><br /><b>Sie halten fünf Millionen Arbeitslose also für einen Beweis der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft?</b><br /><br />Zumindest ist es ein Ausdruck der Produktivitätsentwicklung. Und eine Produktivitätsentwicklung ist immer ein Fortschritt. Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter 1959 einen VW-Käfer bestellt hat. Da betrug die Lieferzeit 13 Monate. Können Sie sich das heute noch vorstellen?<br /><br /><b>Kaum.</b><br /><br />Sehen Sie. Und Anfang der 70er Jahre warb die Post mit dem Motto: Fasse dich kurz. Der Grund war, dass ständig die Leitungen belegt waren und die Leute sich die Finger wund wählten. Stellen Sie sich mal vor, die Telekom oder Vodafone würden heute mit solchen Werbesprüchen kommen. Das ist gar nicht denkbar.<br /><br /><b>Sie wollen sagen, dass es uns heute besser geht als früher.</b><br /><br />Wir leben quasi in paradiesischen Zuständen. Denn wir sind heute in der Lage, weit mehr zu produzieren, als wir sinnvoll verbrauchen können. Ein Beispiel: Wäre die Wiedervereinigung 20 Jahre früher gekommen, hätte es in Deutschland riesige Mangelerscheinungen gegeben. 1970 war die Wirtschaft noch nicht so weit, mal eben 17 Millionen Menschen mitzuversorgen. 1990 funktionierte das doch erstaunlich glatt. Niemand im Westen musste einen Mangel erleben.<br /><br /><b>Dafür sind heute im Osten 20 Prozent der Menschen arbeitslos.</b><br /><br />Ja, schlimm genug. Aber diese ganze Diskussion um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit führt ins Nichts. Und jeder, der etwas von Wirtschaft versteht, weiß doch eines: Die Zeit der Massenarbeit ist vorbei. Ich war gerade in Island. Doch hat mir ein Fischer erzählt, dass die Isländer heute dank Fabrikschiffen mit einem Viertel der Arbeiter vier mal so viel Fisch produzieren wie vor 30 Jahren. Verstehen Sie? 75 Prozent der Leute werden einfach nicht mehr gebraucht. Solche Beispiele gibt es überall. Unsere Fähigkeit, Dinge zu produzieren, übersteigt unseren Bedarf, Dinge zu konsumieren. Das ist eine ganz einfache Tatsache, und keine Arbeitsmarktreform kann daran etwas ändern.<br /><br /><b>Trotzdem fordern Politiker, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften ständig bessere Rahmenbedingungen, damit mehr Arbeitsplätze entstehen können.</b><br /><br />Ich weiß. Aber wir müssen uns doch fragen: Was ist eigentlich die Aufgabe der Wirtschaft? Es gibt zwei Aufgaben. Die erste: Sie muss die Menschen mit Gütern und Dienstleistungen versorgen. Und nie in der Geschichte hat die Wirtschaft diese Aufgabe so gut erfüllt wie heute. Wir sehen doch den totalen Überfluss. Obwohl die meisten Fabriken längst nicht ausgelastet sind, wird alles produziert, was man sich wünschen kann.<br /><br /><b>Produziert schon. Aber die Leute haben nicht genug Geld, es zu kaufen.</b><br /><br />Aha! Jetzt kommen wir zur zweiten Aufgabe: Die Wirtschaft muss die Güter nicht nur produzieren. Sie muss die Menschen auch mit ausreichend Geld ausstatten, um zu konsumieren.<br /><br /><b>Ausstatten? Für Geld muss man arbeiten.</b><br /><br />Ja, ja. Und wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, nicht wahr? Dieses Denken sitzt immer noch tief in den Köpfen. Aber damit kommen wir heute nicht mehr weiter.<br /><br /><b>Also wollen Sie das Geld einfach verteilen? Das ist doch naiv.</b><br /><br />Meinen Sie? Lassen Sie mich bitte auf folgendes Phänomen hinweisen: Warum gehen in Deutschland Baufirmen zu Grunde, obwohl es im Straßenbau dringenden Bedarf gibt und wir die Leistung erbringen könnten?<br /><br /><b>Weil der Staat kein Geld hat, die Firmen zu bezahlen.</b><br /><br />Ja. Aber dieser Irrtum kommt zu Stande, weil alles immer durch den Geldschleier gesehen wird. Der Lebensstandard einer Gesellschaft hängt doch davon ab, wie viele Güter sie produzieren kann. Nicht davon, wie viele sie finanzieren kann.<br /><br /><b>Nicht?</b><br /><br />Nein. Nehmen Sie die frühere DDR. Dort gab es Geld im Überfluss, aber man konnte sich nur sehr wenig kaufen. Also was ist wichtiger: Das Geld? Oder die Güter?<br /><br /><b>Was also schlagen Sie vor? Die Maschinen arbeiten, und der Staat verteilt das Geld, damit die Bürger konsumieren können?</b><br /><br />So ähnlich. Wir brauchen das bedingungslose Bürgergeld. Eine Lebensrente für jeden Bürger. Selbstverständlich können solche Veränderungen nur schrittweise über einen längeren Zeitraum eingeführt werden.<br /><br /><b>Wie hoch soll dieses Bürgergeld denn sein?</b><br /><br />Hoch genug, um die Grundbedürfnisse zu decken. 1300 bis 1500 Euro.<br /><br /><b>Schöne Idee. Und wie wird das finanziert? Sagen Sie jetzt bitte nicht, wir brauchen mehr Steuern.</b><br /><br />Keine Angst. Ich bin dafür, alle Steuern abzuschaffen. Bis auf eine: die Mehrwertsteuer.<br /><br /><b>Und wie hoch soll die dann sein?</b><br /><br />Das könnten bis zu 48 Prozent sein.<br /><br /><b>Sie machen Witze.</b><br /><br />Nein. Zählen Sie doch mal alle Steuern und Sozialleistungen zusammen. Da haben wir doch schon eine Staatsquote von rund 48 Prozent. Wenn die nur noch über die Mehrwertsteuer zu finanzieren wäre, hätte das riesige Vorteile.<br /><br /><b>Welche denn?</b><br /><br />Die Mehrwertsteuer ist die einzige Steuer, die den Wertschöpfungsvorgang nicht behindert, nicht bremst, nicht verzerrt. Das heißt: die ganze Produktion wird steuerfrei gehalten und es kann unbehindert investiert werden.<br /><br /><b>Also noch mehr Entlastung für die Unternehmen und noch mehr Belastung für die Verbraucher?</b><br /><br />Nein. Einfach mehr Klarheit und mehr Fairness. Ich weiß, dass Politiker unterschiedlichster Couleur fordern: Wir müssen die Reichen besteuern, die Unternehmen müssen wir besteuern und damit den kleinen Mann entlasten. Das ist eigentlich eine Lüge. Warum? Weil Unternehmer und Unternehmen faktisch keine Steuern bezahlen.<br /><br /><b>Da werden Ihnen einige Unternehmerkollegen widersprechen.</b><br /><br />Jammern gehört zum Handwerk. Aber jeder Unternehmer weiß, was man mit Steuern macht: Man muss sie einkalkulieren. Alle Steuern, die die Unternehmen zahlen, fließen in die Preise für die Produkte ein. Letzten Endes zahlt immer der Verbraucher.<br /><br /><b>Was wäre also der Vorteil, alle Steuern in der Mehrwertsteuer zusammenzufassen?</b><br /><br />Na, der ganze gewaltige Verwaltungsapparat des Staates würde zusammenschnurren. Denken Sie mal daran, wie viele Beamte ihre Zeit damit verschwenden, die Steuern zu erheben, auszurechnen und zu überprüfen. Das wäre alles überflüssig.<br /><br /><b>Welche anderen Vorteile hätte Ihr Plan?</b><br /><br />Dass die Importe endlich mal richtig besteuert werden. Die billigen Textilien aus China oder Rumänien kommen doch nur so billig hier an, weil sie nur mit einer Mehrwertsteuer von 16 Prozent belastet sind. In jedem Produkt stecken Infrastrukturkosten. Aber die Infrastruktur in Deutschland ist natürlich teurer als die in China. Anders herum würden die deutschen Exporte extrem attraktiv, weil sie von Steuern völlig unbelastet wären. Außerdem würden die Arbeitskosten extrem sinken, weil ja das Bürgergeld auf die Einkommen angerechnet würde.<br /><br /><b>Wie soll das funktionieren?</b><br /><br />Nehmen wir an, eine Krankenschwester verdient 2500 Euro. Nach Abzug des Bürgergeldes von 1300 Euro müsste das Krankenhaus ihr noch 1200 Euro bezahlen. Sie hätte danach gleich viel, aber ihre Arbeitsleistung wäre für das Krankenhaus viel leichter zu finanzieren. Das Bürgergeld würde die arbeitsintensiven Güter und Dienstleistungen entlasten und dadurch den Arbeitsmarkt enorm beleben. Insgesamt würden die Preise dadurch gleich bleiben, denn der Staat müsste ja das zu zahlende Bürgergeld über die Mehrwertsteuer wieder refinanzieren.<br /><br /><b>Aber wer wird denn in Zukunft noch arbeiten, wenn er für 1500 Euro auch zu Hause bleiben kann?</b><br /><br />Sie unterschätzen den immateriellen Wert der Arbeit. Viele Menschen haben sehr viel Spaß an ihrer Aufgabe. Denken Sie auch an alle sozialen Berufe und die ganze Kulturarbeit. Da gibt es einen riesigen Bedarf in der Gesellschaft, der endlich finanzierbar wäre.<br /><br /><b>Und die langweiligen, die unangenehmen Jobs?</b><br /><br />Die müssten dann eben höher entlohnt werden, wenn wir sie benötigen. Natürlich wird es dann zukünftig Berufe und auch Unternehmen geben, denen es schwer fallen wird, Menschen zu finden. Warum? Weil ja die Menschen dann nicht mehr arbeiten werden, weil sie müssen, sondern weil sie in ihrer Arbeit eine Sinnerfüllung erleben. Und auch, weil es ihnen Spaß macht.<br /><br /><b>Herr Werner, alle sprechen von der Krise. Wer Ihnen zuhört, könnte denken, es geht Deutschland ausgezeichnet.</b><br /><br />Das stimmt ja auch. Unser Land hat noch nie so viel Wohlstand produziert wie heute. Wir haben nur Schwierigkeiten, den Wohlstand zu verteilen. Das sind wir einfach nicht gewohnt.<br /><br /><b>Also keine Krise?</b><br /><br />Jedenfalls keine Wirtschaftskrise. Die Frage, die mich wirklich umtreibt, ist eine andere. Wir steuern auf eine Gesellschaft zu, in der die Arbeit verschwindet. Und die Frage ist nur, was die Menschen dann alle mit ihrer Zeit anfangen. Das ist eine Kulturfrage. Das Problem, das wir haben, liegt nicht auf dem Arbeitsmarkt sondern eigentlich in der Kultur. Leider ist dieses Thema im Bewusstsein der Gesellschaft kaum vorhanden. Aber genau hier müssen wir ansetzen.<br /><br />(Interview in Stuttgarter Zeitung + Spiegel Online)Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-31315365905685584102006-09-25T00:19:00.000+07:002006-09-25T00:20:15.058+07:00Gewinne und Entlassungen...<span style=""> </span><o:p></o:p> <p class="MsoNormal">Wiedeking kritisiert Profitgier<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Porsche-Chef Wendelin Wiedeking übt im SPIEGEL harte Kritik an Managerkollegen, die trotz hoher Profite im großen Stil Mitarbeiter entlassen. Eine deutliche Position bezieht Wiedeking als Großaktionär auch zu einem Zankapfel bei VW - es geht um die Zukunft des Stammwerks in <st1:city st="on"><st1:place st="on">Wolfsburg</st1:place></st1:City>.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal"><st1:state st="on"><st1:place st="on">Hamburg</st1:place></st1:State> - "Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn Konzerne Rekordgewinne melden und zugleich ankündigen, dass sie Tausende von Arbeitsplätzen streichen", sagt Wiedeking im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Ein möglichst hoher Gewinn kann doch nicht das einzige Ziel eines Unternehmens sein." Es müsse "uns doch zu denken gebe, wenn Menschen vielen Wirtschaftsführern und Politikern keinerlei Glaubwürdigkeit mehr zubilligen", so Wiedeking. Die Entwicklung könne dazu führen, dass "unsere ganze Gesellschaft instabil wird".<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Der Porsche-Chef verweist auf die Wahlergebnisse von Mecklenburg-Vorpommern, wo Rechtsextreme erfolgreich waren, und <st1:state st="on"><st1:place st="on">Berlin</st1:place></st1:State>, wo die beiden großen Volksparteien nur gut 50 Prozent der Stimmen erhalten hatten: "Ich sehe in dieser Entwicklung ein Warnzeichen für die Gesellschaft."<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Der Vorstandsvorsitzende von Porsche Chart zeigen forderte die Politik auf, den unfairen Standortwettbewerb innerhalb Europas zu unterbinden, der zur Verlagerung von Arbeitsplätzen führe. Manche Länder könnten sich Niedrigsteuern leisten, weil sie von der EU und damit vom Nettozahler Deutschland Geld überwiesen bekommen. "So finanzieren wir den Abbau unserer eigenen Arbeitsplätze mit", sagte Wiedeking. Da müsse man sich fragen: "Auf welchem Stern leben wir eigentlich?"<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Wiedeking fordert Vollbeschäftigung für Werk Wolfsburg<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Der Porsche-Chef, der zugleich Mitglied im Aufsichtsrat bei Volkswagen Chart zeigen ist, nimmt erstmals auch zu den Sanierungsplänen des Autokonzerns Stellung.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">VW-Markenchef Wolfgang Bernhard hatte damit gedroht, dass der nächste Golf nicht mehr in <st1:city st="on"><st1:place st="on">Wolfsburg</st1:place></st1:City> gebaut werden könnte, wenn die Arbeitskosten nicht sinken. Wiedeking: "Für <st1:state st="on">mich</st1:State> steht fest, dass es eine Vollbeschäftigung in <st1:city st="on"><st1:place st="on">Wolfsburg</st1:place></st1:City> geben muss. Das Stammwerk, mit dem das Unternehmen einmal gegründet wurde, muss ausgelastet sein."<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die Auto 5000 GmbH, die den Touran baut, zeige, dass man hierzulande profitabel produzieren könne. Der VW-Konzern solle sich künftig an <st1:city st="on"><st1:place st="on">Toyota</st1:place></st1:City> messen. "Das ist der Maßstab", so Wiedeking, "wer sich nicht daran orientiert, hat schon verloren."<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">manager-magazin.de</p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-44147047700568590232006-09-21T23:08:00.000+07:002006-09-21T23:09:10.381+07:00Reichensteuer trifft die Falschen (aus FTD)<p class="MsoNormal">Reichensteuer trifft die Falschen<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">von Jens Tartler (<st1:state st="on"><st1:place st="on">Berlin</st1:place></st1:state>)<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Die für das Jahr 2007 beschlossene Reichensteuer wird genau jene Einkünfte treffen, die nach dem Willen der Bundesregierung nicht höher belastet werden sollen. Zugleich werden jene Einkommen verschont, die unter die Reichensteuer fallen sollen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Das ergibt sich aus einer Studie der Ökonomen Jochen Hundsdoerfer und Frank Hechtner von der FU Berlin. Außerdem wird es Steuerzahler geben, die durch die Reichensteuer sogar geringer belastet werden als nach geltendem Recht.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die von der SPD durchgesetzte Reichensteuer soll Anfang 2007 in Kraft treten. Für zu versteuernde Jahreseinkommen ab 250.000 Euro (für Verheiratete das Doppelte) soll dann ein Spitzensteuersatz von 45 statt 42 Prozent gelten. Davon ausgenommen sind nur Unternehmer, Freiberufler und Landwirte. Arbeitnehmereinkommen, Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung unterliegen dagegen künftig der Reichensteuer.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Ungewollte Effekte<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die ungewollten Effekte rechnen die beiden Ökonomen anhand von Beispielen vor: Ein Manager verdient als Angestellter 260.000 Euro im Jahr und zusätzlich 10.000 Euro als Autor eines Gutachtens. Das Zusatzeinkommen aus selbstständiger Tätigkeit soll nach dem Willen der Regierung nur mit 42 Prozent besteuert werden. Die Berechnungen zeigen aber, dass der Grenzsteuersatz bei fast 45 Prozent liegt.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Auf der anderen Seite zahlt ein Unternehmer, der mit seiner Firma 250.000 Euro im Jahr verdient und noch zusätzliche Zins- oder Mieteinnahmen hat, auf die Zusatzeinnahmen nur gut 42 Prozent Grenzsteuersatz - statt 45 Prozent wie eigentlich geplant.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmer<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die Reichensteuer eröffnet auch neue Gestaltungsmöglichkeiten: Unternehmer, die zum Beispiel Verluste aus ausländischen Betriebsstätten haben, können diese durch den ab 2007 geltenden Entlastungsbetrag für Unternehmer so nutzen, dass sie unter dem Strich trotz Reichensteuer weniger zahlen als nach geltendem Recht.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Außerdem lässt sich die Zusatzbelastung umgehen: Unternehmer können Zinspapiere in das Betriebsvermögen verschieben.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Kein stimmiges Modell<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Ein weiterer Effekt der Reichensteuer: Sie vergrößert den Steuervorteil von Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften. Normalerweise sinkt dieser Vorteil mit steigendem Gewinn. Durch die Reichensteuer wird die Differenz aber ab einem Vorsteuerertrag von 800.000 Euro im Jahr wieder zulegen - von 6,7 Prozentpunkten beim Durchschnittssteuersatz auf 7,25 Prozent.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die meisten ungewollten Effekte liegen an der Konstruktion mit einem Entlastungsbetrag für unternehmerische Einkünfte. Damit versucht das Finanzministerium, eine gerechte Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit für einzelne Einkunftsarten (so genannte Schedulenbesteuerung) und gleichzeitig für das Gesamteinkommen zu erzielen. "Das aber kann niemals funktionieren", sagt Ökonom Hechtner, "das lässt sich anhand von mathematischen Modellen leicht nachweisen." Ein stimmiges Modell würde aber dem Fiskus weniger Einnahmen bringen.</p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-85510982241224088372006-09-19T02:07:00.000+07:002006-09-19T02:09:44.833+07:00NPD - Triumph im toten Winkel der Republik<p class="MsoNormal">NPD-HOCHBURGEN<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Triumph im toten Winkel der Republik<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Aus Postlow und Wilhelmsburg berichten Philipp Wittrock und Jens Todt<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Menschenleere Dörfer ohne Perspektive, die Jugend flieht, die Verbitterten bleiben: Vor allem in Vorpommern fand die NPD den Nährboden für ihren Wahlsieg. In ihrer Hochburg Postlow schließt nicht einmal der Bürgermeister aus, aus Protest mal rechtsextrem zu wählen. Ein Besuch im NPD-Land.<o:p></o:p></p><o:p></o:p>Postlow/Wilhelmsburg - Die Wahlhelfer im Gemeindeamt von Postlow sind einiges gewohnt. Schon bei der Bundestagswahl vor einem Jahr war der Stapel mit NPD-Stimmzetteln bemerkenswert hoch: 15,2 Prozent. Doch an diesem Sonntag staunten selbst die Postlower Wahlhelfer. Geradezu mickrig muteten die Häufchen der demokratischen Parteien an - im Vergleich zum Haufen ganz rechts außen auf dem Tisch.<o:p></o:p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Postlow in Vorpommern: 400 Einwohner, drei Ortsteile, 38 Prozent für die NPD<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal">Nur 45 Prozent der Bürger gingen am Sonntag in der Gemeinde in Ostvorpommern überhaupt wählen. Und dann das: 55 der 144 Wähler gaben ihre Zweitstimme der NPD. An den Landeswahlleiter wurde die Zahl übermittelt, die das Dorf schlagartig bekannt machte: 38,2 Prozent der Postlower wollen die NPD im Landtag. Rekord für die Partei, die mit landesweit 7,3 Prozent ins Parlament im Schweriner Schloss eingezogen ist.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">In Postlow brüllen die Plakate von fast jedem Laternenmast in fast jedem Seitensträßchen: "Wehrt Euch", "Schnauze voll", den "Bonzen auf die Finger hauen"! Von CDU und SPD: keine Spur. Scheinbar kampflos haben die Demokraten den Rechten das Feld überlassen. "Unglaublich", sagt ein 19-Jähriger, der mit ein paar Jungs im viel zu hohen Gras auf dem Bolzplatz von Tramstow kickt, "was die hier für eine Werbung gemacht haben. Die sind sogar mit einem Flugzeug mit Transparent hinten dran hierdrüber geflogen."<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Die 400-Einwohner-Gemeinde Postlow, das sind der Weiler gleichen Namens, dazu Tramstow und Görke. Verschlafene Dörfer, kaum ein Mensch ist auf der Straße. Arbeitslosigkeit weit über 20 Prozent, keine Schule, keine Kneipe, kein Jugendclub. Im Übrigen auch keine Ausländer. "Laden geschlossen", vermerkt ein vergilbter Zettel am einstigen "Konsum"-Markt schon seit kurz nach der Wende. Der Verkaufswagen kommt auch nicht mehr, einmal die Woche bringt ein Bäcker frische Ware. Wer etwas braucht, fährt nach Anklam, zehn Minuten mit dem Auto, der Bus fährt stündlich, bis 19 Uhr.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Wo sind die Rechten? Skinheads, herumlungernde Jugendliche, Hakenkreuz-Schmierereien - sichtbare Zeichen der Rechten sucht man in Postlow vergebens. "Eine rechte Szene gibt es hier nicht", sagt der parteilose Bürgermeister und Geflügelzüchter Norbert Mielke, 53. Leicht genervt ist er, steht am Tor zu seinem <st1:city st="on"><st1:place st="on">Hof</st1:place></st1:city> und sagt "nur eines zu dem Ergebnis: Frust und Demokratie". Dann fügt er doch noch hinzu, er sei betroffen über das Ergebnis der NPD - sicher. Aber in einer Demokratie müsse man den Erfolg einer solchen Partei akzeptieren. Die Menschen seien enttäuscht, sagt er, und deswegen empfänglich für die platten Parolen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">"Ich tue gar nichts dagegen", sagt Bürgermeister Mielke<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Will er aufklären, Flagge zeigen? "Ich tue gar nichts dagegen", sagt Mielke entschlossen. Die Leute würden schnell selbst merken, dass auch die NPD nichts ändern könne.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Dann redet er sich plötzlich in Rage, schimpft im braunen Vokabular über die "etablierten Parteien", wettert über "Scheinwahlen" und eine "Diktatur", die es hierzulande längst gebe. Und "ja, natürlich": Auch er kann sich vorstellen, einmal die NPD zu wählen.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Jene Bürger zu finden, die das schon getan, ist trotzdem nicht einfach. "Oh, 38 Prozent?" Ein Rentner am Fenster seines Geburtshauses in Postlow staunt und hat keine Erklärung: "So kann man sich in seinen Nachbarn täuschen", sagt er. Ein paar Meter weiter über die Straße mäht Detlef Kieske, 51, den Rasen vor seinem Haus. Auch er: scheinbar ratlos. Nie habe er von irgendjemandem die Ankündigung gehört, NPD wählen zu wollen. Und erst am Wahltag sei der Briefkasten mit rechtsextremem Material übergequollen. Auch ein NPD-Blättchen in unauffälliger, klassischer Zeitungsoptik sei dabei gewesen. "Das war alles ganz solide und vernünftig aufgeschrieben", sagt da plötzlich Kieske, der nach eigenem Bekunden immer links wählt.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Der 19-Jährige vom Bolzplatz in Tramstow ist sicher: "Das waren ganz normale Erwachsene, die die gewählt haben." Klar gebe es in der Gemeinde auch ein paar Typen im klassischen Neonazi-Outfit, Anhänger der "Freien Kameradschaften", die in der Region stark sind. Fünf bis sechs vielleicht. "Aber früher war das alles viel schlimmer, mit prügelnden Skinheads auf Dorffesten und so. Das gibt's heute gar nicht mehr." Er wundert sich: "Und plötzlich ist die NPD hier so stark."<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Postlow ist hier überall<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Alle blicken an diesem Tag auf Postlow, aber in Wahrheit ist Postlow nur das krasseste Beispiel. Aus ganz Vorpommern werden hohe Ergebnisse für die NPD gemeldet, vor allem aus dem Osten, dort, wo die Grenze zu Polen nahe ist.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Und die Szenen ähneln sich auch in jenen Dörfern, die heute nicht so im Fokus stehen. 30 Kilometer südlich von Postlow liegt Wilhelmsburg-Eichhof. Die "Straße der Freundschaft" hat nach der Wende ein adrettes Kopfsteinpflaster bekommen, und trotzdem, der Ortsteil hatte schon bessere Tage. Auch hier ist niemand ist auf der Straße, der einstige "Konsum" mit nacktem Stein zugemauert. Die Grundschule steht leer. Im neuen hinteren Haus treffen sich immerhin einmal in der Woche Frauen zur Gymnastik. Einkaufen kann man provisorisch in einer Garage für ein paar Stunden am Tag; das machen vor allem Rentner. Wer jung ist, der ist am liebsten nicht mehr hier. Junge Gebildete sind der Arbeit nachgezogen - meist in den Westen. Hier im Landkreis Uecker-Randow wird immer alles weniger. Weniger Menschen, weniger Geschäfte, vor allem weniger Arbeit. Regelmäßig steht der Kreis an der Spitze der Arbeitslosenstatistik: Im August hatten 26,6 Prozent der Menschen keinen Job.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Auch der Wahlkreis Uecker-Randow I hat es am Sonntag auf Platz eins einer der Wahlstatistiken geschafft: 15 Prozent der Wähler haben hier für die NPD gestimmt. Das war der Rekord aller Wahlkreise. In Wilhelmsburg kam die NPD auf 27,9 Prozent. Zehnmal so viel wie vor vier Jahren.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Rentner Roland Tietze hat kein Verständnis für die NPD-Wähler. Aber er versucht zu erklären, warum man hier NPD wählt. "Hier gibt es doch nichts mehr. Jeder, der gehen kann, geht." Er steht an seinem Gartenzaun und beklagt, dass alle Schulkinder jetzt mit dem Bus ins Nachbardorf Ferdinandshof müssen. "Unsere Schule wurde ja dichtgemacht." Nicht mal einen Arzt gebe es noch. "Hier will ja keiner seine Praxis aufmachen." Von welcher Arbeit kann man hier leben? Der größte Betrieb, eine Rindermast im Ortsteil Friedrichshagen, beschäftigt rund 130 Leute - zu DDR-Zeiten waren es 300. Die paar Handwerker im Dorf schaffen keine Arbeitsplätze, "das sind doch alles Ein-Mann-Klitschen". Tietze glaubt: "Die Leute haben die NPD einfach aus allgemeinem Protest gewählt." Dabei sei die Partei "hier nicht präsent".<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p><br />So viele Ursachen: die Abwanderung, die Armut, die DDR<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p><br />Auch in Wilhelmsburg ist es so: Es gibt keine marodierenden Jugendbanden, keine organisierte rechte Szene - in Wilhelmsburg gibt es überhaupt nicht mehr viel. Die NPD-Wähler kommen aus der Mitte der Dorfgemeinschaft. Es sind Enttäuschte, Arbeitslose, Alte, Wendeverlierer. Eine Jugendliche sagt: "Dass so viele die gewählt haben, ist natürlich überhaupt nicht gut." Aus Langeweile geht die junge Frau auf den Straßen des Dorfes spazieren, ihren Namen will sie nicht nennen, "aber Glatzen haben wir hier eigentlich nicht".<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Udo Wollenberg, der evangelische Pfarrer, misst der DDR ihren Anteil daran zu, dass Mecklenburg-Vorpommern so empfänglich für Rechtsextreme geworden ist. "Wer einmal in einer Diktatur indoktriniert wurde, ist viel gefährdeter als andere." Was tun? Eine Lösung hat er nicht, "es gibt bei Jugendprojekten ja auch immer finanzielle Zwänge". Gottesdienst findet in Wilhelmsburg nur alle zwei Wochen statt. Wollenberg und seine Frau betreuen ab Oktober mehrere Gemeinden gleichzeitig.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p></p> <p class="MsoNormal">Bei der CDU sitzt am Tag nach dem NPD-Triumph Ulrich Poch, 67, Kreisgeschäftsführer, kratzt sich am Kopf und lächelt. "Wissen Sie, jeder gut Ausgebildete verlässt uns. Wer von den jungen Leuten bleibt, gehört oft zu den problematischen Kandidaten." Gegen die NPD habe die CDU im Wahlkampf kaum bestehen können, finanziell, "die hatten 400.000 Euro". Auch in Wilhelmsburg war es so: Die NPD war es, die mit ihren Plakaten am agressivsten, am populistischsten Reklame gemacht hat.<o:p></o:p></p> <p class="MsoNormal"><o:p> </o:p><br />Ulrich Poch hat einen Malerbetrieb, den jetzt sein Sohn führt. "Früher haben wir 30 Leute beschäftigt, heute sind es drei", erzählt er. "Das sagt alles."</p><br /><p class="MsoNormal">(aus Spiegel Online)<br /></p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-12277082775618078622006-09-11T22:16:00.000+07:002006-09-11T22:21:28.661+07:00Gleicher Lohn fuer gleiche Arbeit? (aus Spiegel.de)Von Gabor Steingart <div id="spContainer" class="spSmallScreen"><div id="spMainContent"> <p class="spIntrotext">Asien trumpft auf, China und Indien wachsen zu neuen "Masters of the Universe" heran. Der Westen droht zum Verlierer der Globalisierung zu werden. Die Arbeitskraft der Europäer wird entwertet - millionenfach.<br /></p>Der Kapitalist geht dahin, wo die Verzinsung seines Kapitals am höchsten ausfällt. Er baut eine Fabrik unter Palmen oder treibt einen Stollen ins ewige Eis; Hauptsache am Ende des Jahres ist mehr Geld in der Kasse als zu seinem Beginn. Das wichtigste Ziel des Kapitals ist es nunmal, sich zu vermehren. Wenn es das Gegenteil täte, also schmelzen würde, wäre niemandem geholfen, auch nicht den Arbeitnehmern. Meist schmelzen dann die Arbeitsplätze zügig hinterher. In der Zeitung taucht erst das Wort Missmanagement auf, dazu gesellen sich in dichter Abfolge die Vokabeln Krise, Sanierungsplan, Arbeitsplatzabbau.<p></p><p> </p><div align="center"> <div class="spArticleImageBox spAssetalignleft" style="width: 180px;"> <a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698613-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698614,00.jpg" alt="Autofabrik im chinesischen Ningbo: Das Kapital ist nahezu überall willkommen, Arbeiter sind es nicht" align="left" border="0" height="180" hspace="0" width="180" /></a> <div style="background: rgb(246, 246, 246) none repeat scroll 0% 50%; width: 182px; -moz-background-clip: -moz-initial; -moz-background-origin: -moz-initial; -moz-background-inline-policy: -moz-initial; padding-bottom: 7px;"> <div align="right"><a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698613-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/static/sys/v8/icons/ic_lupe.gif" title="Großbildansicht" alt="Großbildansicht" style="border: medium none ; margin: 0pt; padding: 0pt; float: right;" align="right" border="0" /></a></div> <div class="spCredit" align="right">REUTERS</div> <p>Autofabrik im chinesischen Ningbo: Das Kapital ist nahezu überall willkommen, Arbeiter sind es nicht</p> </div> </div> </div> Am Ende entscheidet sich die Überlebensfähigkeit der Arbeitsplätze ohnehin an einer Frage, die in ihrer Schlichtheit schwer zu überbieten ist: Gelingt es, aus Kapital mehr Kapital zu machen? Kein Kapitalist wird zusehen wollen, wie sein Einsatz von Tag zu Tag schwindet. Tut er es wider Erwarten doch, hört er bald schon auf, Kapitalist zu sein.<p>Die Arbeiter sind besser beleumundet, obwohl sie genauso herumvagabundieren. Lässt man sie ungestört ziehen, gehen sie dahin, wo hohe Bezahlung und gesicherter Lebensstandard locken. Die Süditaliener wandern in den Norden ihres Landes, die Ostdeutschen nach Westdeutschland, die Südamerikaner nach Nordamerika und Millionen von Menschen überqueren Ozeane und Kontinente, nur um dem gelobten Land, oder was sie dafür halten, näher zu kommen.</p><p>Die große Ungerechtigkeit besteht darin, dass das Kapital nahezu überall willkommen ist, die Arbeiter sind es nicht. Das Geld wird weltweit angelockt mit allen Tricks und Kniffen; vor den herumziehenden Arbeitern aber schließen die Staaten ihre Tore. Wenn es sein muss, übernimmt sogar das Militär die Abwehr der Störenfriede. Es gibt noch ein weiteres wichtiges Merkmal, in dem sich Arbeit und Kapital voneinander unterscheiden. Das Kapital und der Kapitalist sind eine Einheit, das eine kann ohne den anderen nicht leben. Sie sind verschweißt und verlötet. Staaten wie die DDR, die durch Verstaatlichung versuchten, das Kapital von seinen privaten Eigentümern zu trennen, haben es bitter bereut.</p><p><b>Der Kapitalist ist flexibel, regelrecht unruhig geworden</b></p><p>Die Arbeit und der Arbeiter leben nicht in der gleichen Symbiose, das ist ihr Nachteil von Anfang an. Ihr Kommen und Gehen über Landesgrenzen hinweg kann gestoppt werden. Ihr Arbeitsplatz aber lässt sich durch den Einsatz von Grenzsoldaten nicht halten. Dass es den Staaten des Westens dennoch jahrzehntelang gelungen ist, auf den Arbeitsmärkten weitgehend unter sich zu bleiben, wirkt in der Rückschau wie das eigentliche Wunder der Nachkriegsjahre.</p><p> </p><div align="center"> <div class="spAssetalignleft"> <!-- Vignette StoryServer 5.0 Mon Sep 11 15:04:36 2006 --> <table bg="" style="color: rgb(246, 246, 246);" border="0" cellpadding="5" cellspacing="0" width="200"><tbody><tr><td> <div class="contentkastenhead"><span style=""><b>BUCHTIPP</b></span></div> <div class="contentkasten"><span style="">Dieser Text stammt aus <b>"Weltkrieg um Wohlstand: Wie Macht und Reichtum neu verteilt werden"</b> von Gabor Steingart. SPIEGEL ONLINE veröffentlicht in einer Serie Ausschnitte aus dem Buch.<br /><br /><div align="center"> <div class="spArticleImageBox spAssetaligncenter" style="width: 100px;"> <img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698646,00.jpg" alt="" align="middle" border="0" height="137" hspace="0" width="100" /> </div> </div> <br />Piper Verlag, München;<br />384 Seiten; 19,90 Euro.<br /><a target="_blank" href="http://shop.spiegel.de/shop/action/productDetails?aUrl=90009999&artiId=5422099&nav=3001">Zum SPIEGEL-<span class="optibr"> </span><span class="optibr"> </span>Shop</a></span></div> </td></tr></tbody></table> </div> </div> Die Nationen tauschten alles Mögliche miteinander, führten ein und führten aus, Bananen und Fernsehgeräte, Benzin und Stahlplatten, das Geld wurde hin- und herüberwiesen, aber der Ex- und Import von Arbeitern unterblieb. Westdeutschland holte eine Zeit lang zwar türkische Gastarbeiter ins Land, aber für sie galten schon nach kurzer Zeit die gleichen Regeln wie für die Einheimischen.<p>Auch zwischen Europa und Amerika wiesen die Arbeitsmärkte keine allzu großen Unterschiede auf. Die Unternehmer diesseits und jenseits des Atlantiks waren Konkurrenten, nicht Rivalen. Sie zahlten Löhne und keine Almosen. Kinder waren Kinder und keine Knechte. Die bürgerliche Gesellschaft sorgte schon per Gesetz für einen zivilisierten Umgang zwischen Arbeitnehmer und Fabrikant, so dass beide nach all den wüsten Jahrzehnten von Ausbeutung und Klassenkampf deutlich näher zueinander rückten.</p><p>Die kommunistischen Führer in Osteuropa beobachteten das westliche Tete-a-Tete der Sozialpartner mit Argwohn, aber sie nahmen an ihm nicht teil. Sie tauschten mit dem Westen Rohstoffe und Waren, aber seinen Arbeits- und Kapitalmärkten blieben sie fern. Auch die Dritte Welt lebte auf einem anderen Stern, westliches Desinteresse und das eigene Unvermögen sorgten für den Ausschluss von jenem Prozess, den wir heute Globalisierung nennen.</p><p><!-- Vignette StoryServer 5.0 Mon Sep 11 16:11:46 2006 --> </p><div class="spPhotoGallery"> <h4>Verschobene Macht: Der Aufstieg Chinas und Indiens</h4> <div class="spInnerBox"> <div style="margin: auto; width: 300px;" align="center"> <ul style="margin: auto; width: 300px;"><li class="spFirst"><a href="http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html" title="Fotostrecke zeigen..." target="SPONbiga_2" onclick="window.open('http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html','SPONbiga_2',SpOnENV_BigaPopupParams_2).focus();return false;"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698859,00.jpg" alt="DER SPIEGEL" class="spImgNoBorder" border="0" height="90" hspace="0" width="90" /></a></li><li class="spFirst"><a href="http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html" title="Fotostrecke zeigen..." target="SPONbiga_2" onclick="window.open('http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html','SPONbiga_2',SpOnENV_BigaPopupParams_2).focus();return false;"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698862,00.jpg" alt="DER SPIEGEL" class="spImgNoBorder" border="0" height="90" hspace="0" width="90" /></a></li><li class="spFirst"><a href="http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html" title="Fotostrecke zeigen..." target="SPONbiga_2" onclick="window.open('http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9MTYxMzUmbnI9MQ_3_3,00.html','SPONbiga_2',SpOnENV_BigaPopupParams_2).focus();return false;"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698865,00.jpg" alt="DER SPIEGEL" class="spImgNoBorder" border="0" height="90" hspace="0" width="90" /></a></li></ul> </div> </div> <p>Fotostrecke starten: Klicken Sie auf ein Bild (3 Bilder)</p> </div> <!-- </div> </div> --> Das alles hat sich gründlich verändert. Der Graben zwischen dem Westen und dem Rest der Welt wurde zugeschüttet und stellt nun eher eine Brücke dar. Die Kapitalisten stürmen abenteuerlustig hinüber, sie machen von der neu gewonnenen Reisefreiheit reichlich Gebrauch. Sie besichtigen die entlegendsten Orte der Erde in der erklärten Absicht, sich dort häuslich niederzulassen. Ihre Fabriken entstehen allerorten und die Arbeitsplätze ziehen ohne zu zögern hinterher.<p>Die Summe aller Direktinvestitionen, also jener Gelder, die von einer Nation außerhalb der eigenen Landesgrenze investiert werden, betrug 1980 erst 500 Milliarden Dollar. Der Kapitalist alter Schule war ein eher häuslicher Typ.</p><p>Sein Nachfolger ist von anderem Kaliber. Mittlerweile sind die Direktinvestitionen auf zehn Billionen Dollar gestiegen, ein plus von fast 2000 Prozent in nur 25 Jahren. Der Kapitalist ist flexibel, vielerorts regelrecht unruhig geworden und verlangt dieselbe Reiselust nun auch von den Arbeitsplätzen. Der Unternehmer alten Typs war ein Patriarch und oft war er sogar nationaler gesinnt als seine Mitbürger. Der moderne Kapitalist ist ein Vielflieger mit Bonuskarte, er ist überall zu Hause und überall fremd. Wer ihn als Nationalisten bezeichnet, wird zu Recht auf sein Unverständnis treffen.</p><p><b>Arbeitskraft wird gehandelt wie früher Silber und Seide</b></p><p>Mit ihm ziehen nun auch die Arbeitsplätze durch die Welt. Sie verlassen den Westen und kommen in einem anderen Land wieder zum Vorschein. Sie tauchen in einem indischen Softwareunternehmen auf, begegnen uns in einer ungarischen Spielwarenfabrik oder einer chinesischen Werkshalle für Fahrzeugmotoren. Auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird: Arbeitsplätze verschwinden nicht im Nichts. Sie werden durch Technik ersetzt oder durch einen Arbeiter, der andernorts zu Hause ist.</p><p> </p><div align="center"> <div class="spForumBox spAssetalignleft"> <!-- Vignette StoryServer 5.0 Mon Sep 11 17:02:26 2006 --> <h4>Forum</h4> <div class="spInner"> <a href="http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=784"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,464804,00.gif" alt="Forum" title="Forum" align="right" /></a> <h4><a href="http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=784">Aufstieg Asiens - Muss der Westen sich wehren? </a></h4> Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Lesern! <br /><a href="http://forum.spiegel.de/showthread.php?goto=lastpost&t=784"><br /></a> </div> </div> </div> Eine Unerhörtheit geschah, mit der so keiner gerechnet hatte: Ein Weltarbeitsmarkt ist entstanden, der sich täglich ausweitet und das Leben und Arbeiten von Milliarden Menschen spürbar verändert. Über ein unsichtbares Leitungssystem sind Menschen, die sich nicht kennen und zum Teil nicht einmal von der Existenz des jeweils anderen Landes wissen, miteinander verbunden.<p>Das eben unterscheidet die heutige Globalisierung von den frühen Handelsnationen, den Kolonialimperien und dem Industriekapitalismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Zum ersten Mal in der Geschichte hat sich ein weitgehend einheitliches Wirtschaftsystem herausgebildet, das ausnahmslos alle Produktionsfaktoren umfasst: Kapital, Rohstoffe und die menschliche Arbeitskraft werden heute gehandelt wie früher Silber und Seide.</p><p>Vieles ist ins Rutschen geraten, von dem wir dachten, dass es zementiert sei. Macht und Reichtum werden neu verteilt, die Lebenschancen auch. Wir alle schauen auf die eine Welt - aber mit höchst unterschiedlichem Blick.</p><p>Die Neuankömmlinge im Weltarbeitsmarkt blicken optimistisch nach vorn, sie erwarten Großes von der Zukunft. Erstmals können etliche von ihnen einen Lohn nach Hause tragen, der mehr ist als ein Trinkgeld. Der weltweite Arbeitsmarkt ist für sie eine unerhörte Verheißung.</p>Für Millionen von Arbeitnehmern des Westens hält die neue Zeit eine andere Lektion bereit, weshalb der Optimismus der frühen Jahre bei ihnen verflogen ist. Viele werden in den kommenden Jahren aufhören, Arbeitnehmer zu sein. Selbst dort, wo die westlichen Beschäftigten sich mutmaßlich halten können, reißt es ihre Löhne in die Tiefe, nicht in einem Rutsch, aber mit jedem Jahr ein bisschen. In ihrem Leben macht sich etwas breit, das sie bisher in diesem Ausmaß nicht kannten: Unsicherheit.<p>Für Angreifer wie Verteidiger ist das Entstehen eines Weltarbeitsmarkts ein Vorgang von historischer Dimension, wie schon der Blick auf die ungewöhnlich großen Menschenmassen belegt, die nun in seine Richtung drängen. 90 Millionen Arbeiter aus Hongkong, Malaysia, Singapur, Japan und Taiwan schlossen sich in den 70er Jahren dem Wirtschaftssystem an, das bis dahin Westeuropäer, Kanadier und Amerikaner nahezu allein beschickt hatten. Die Tigerstaaten wurden mit großem Staunen, die Japaner mit der ihnen gebührenden Ehrfurcht begrüßt. Doch diese Neuankömmlinge im Weltarbeitsmarkt waren nur die Vorhut der Moderne.</p><p><b>Die Arbeitskräfte des Westens sind in die Minderheit geraten</b></p><p>Wenig später schon baten die Chinesen um Einlass; nach dem Ableben der Sowjetunion folgten Osteuropäer und Inder, womit nun innerhalb einer Zeit, die historisch kaum mehr ist als ein Augenaufschlag, rund 1,2 Milliarden zusätzliche Menschen im erwerbsfähigen Alter ihre Arbeitskraft anbieten. Was für ein Verschiebung der Kräfteverhältnisse: Die 350 Millionen gut ausgebildeten, aber teuren Arbeitskräfte des Westens, die eben noch große Teile der Weltproduktion unter sich ausmachten, sind fast über Nacht in die Minderheit geraten.</p><p> </p><div align="center"> <div class="spArticleImageBox spAssetalignleft" style="width: 111px;"> <a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698851-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698852,00.jpg" alt="Überfluss: Zunahme des globalen Arbeitskräfteangebots seit 1970" align="left" border="0" height="180" hspace="0" width="111" /></a> <div style="background: rgb(246, 246, 246) none repeat scroll 0% 50%; width: 113px; -moz-background-clip: -moz-initial; -moz-background-origin: -moz-initial; -moz-background-inline-policy: -moz-initial; padding-bottom: 7px;"> <div align="right"><a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698851-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/static/sys/v8/icons/ic_lupe.gif" title="Großbildansicht" alt="Großbildansicht" style="border: medium none ; margin: 0pt; padding: 0pt; float: right;" align="right" border="0" /></a></div> <div class="spCredit" align="right">DER SPIEGEL</div> <p>Überfluss: Zunahme des globalen Arbeitskräfteangebots seit 1970</p> </div> </div> </div> Schon diese Angebotserweiterung wäre mehr als beachtlich, aber dabei bleibt es nicht. Innerhalb der Angreiferstaaten wachsen aufgrund der meist hohen Geburtenraten immer neue Menschen nach, die nur darauf brennen, sich dem Weltarbeitsmarkt anzudienen. Sie wollen einen Job, koste es, was es wolle. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Belegschaft im Weltarbeitsmarkt, obwohl kein neuer Staat mehr hinzukam, nochmals um 400 Millionen Menschen. Weitere 200 Millionen Menschen, sagt die dafür zuständige Internationale Arbeitsorganisation der Uno in Genf, würden gern arbeiten, können derzeit aber keinen noch so schlecht bezahlten Job ergattern. Sie sind arbeitslos und das heisst: Sie sind Arbeiter im Wartestand.<p>In den Banken flimmern die Börsenkurse aus aller Welt über die Bildschirme. Innerhalb weniger Minuten, manchmal auch Sekunden, kommt es zur Angleichung von amerikanischen Notierungen und europäischen Kursen. Würde im Arbeitsamt ein Bildschirm mit den Löhnen der verschiedenen Länder installiert, wären viele überrascht, was sie da zu sehen bekämen. Im Weltarbeitsmarkt ist dieselbe Annährung der Kurse zu beobachten, nur in Zeitlupe.</p><p>Durch das zusätzliche Milliardenangebot an Arbeitswilligen ist etwas in Gang gekommen, das bald schon mit großer Wucht auch den Mittelbau der westlichen Gesellschaften verändern wird: Die Löhne und damit auch die Lebensstandards der einfachen Arbeiter bewegen sich aufeinander zu. Ausgerechnet das Kapital sorgt dafür, dass die alte linke Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit nun weltweit durchgesetzt wird.</p><p><b>Arbeit für drei Dollar pro Tag - und weniger</b></p><p>Das Wort Tarifautonomie erfährt einen neuen Sinn. Bisher verhandelten Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Westens ihre Löhne autonom vom Staat. In Zeiten der Arbeiterinflation aber setzen die Arbeitgeber die Löhne autonom von den Gewerkschaften fest, denn sie finden nun überall Millionen von Beschäftigten, die bereit sind, den Nachbarn zu unterbieten. Die Löhne Osteuropas und Südostasiens steigen, die des Westens verlieren an Höhe, die in China und Indien bewegen sich für die Masse der Beschäftigten auf niedrigstem Niveau. Von den knapp drei Milliarden Menschen, die derzeit auf dem Weltarbeitsmarkt aktiv sind, verdient ungefähr die Hälfte weniger als drei Dollar pro Tag, was zweierlei bedeutet: Diese Menschen sind bettelarm, erstens, und sie drücken, zweitens, mit ihren Armutslöhnen auch die Löhne der anderen nach unten. Denn die Menschen am untersten Ende der Lohnpyramide sind mit denen in der Mitte auf schicksalhafte Weise verbunden.</p><p> </p><div align="center"> <div class="spArticleImageBox spAssetalignleft" style="width: 110px;"> <a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698846-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698847,00.jpg" alt="Angekündigter Stellenabbau bei Konzernen in den Industriestaaten" align="left" border="0" height="180" hspace="0" width="110" /></a> <div style="background: rgb(246, 246, 246) none repeat scroll 0% 50%; width: 112px; -moz-background-clip: -moz-initial; -moz-background-origin: -moz-initial; -moz-background-inline-policy: -moz-initial; padding-bottom: 7px;"> <div align="right"><a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698846-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/static/sys/v8/icons/ic_lupe.gif" title="Großbildansicht" alt="Großbildansicht" style="border: medium none ; margin: 0pt; padding: 0pt; float: right;" align="right" border="0" /></a></div> <div class="spCredit" align="right">DER SPIEGEL</div> <p>Angekündigter Stellenabbau bei Konzernen in den Industriestaaten</p> </div> </div> </div> Einer der großen Irrtümer unserer Tage liegt darin zu glauben, dass die Millionen von Wanderarbeitern in China und die Tarifangestellten in Wolfsburg und Detroit nichts miteinander zu schaffen hätten. Das scheint so, aber so ist es nicht. Der eine kennt die Autostadt Wolfsburg nicht und der andere hat nur eine vage Vorstellung davon, was es heißt, ein Wanderarbeiter zu sein. Dennoch sind ihre Biografien auf das Engste miteinander verbunden.<p>Der Wanderarbeiter, der oft in käfigähnlichen Verschlägen wohnt und ohne rechtliche Absicherung in der Zulieferfirma einer chinesischen Autofabrik seiner Arbeit nachgeht, konkurriert mit dem festangestellten, aber ungelernten Arbeiter eben dieser chinesischen Fabrik. Die Löhne von beiden sind in Sichtkontakt zueinander, weil der Wanderarbeiter sich nichts dringender wünscht, als den Job des chinesischen Festangestellten zu übernehmen. Die örtlichen Unternehmer sind in der dauernden Versuchung, den einen gegen den anderen auszuspielen. Beide sind, ob sie wollen oder nicht, erbitterte Lohnkonkurrenten.</p><p>Natürlich bemüht sich der Hilfsarbeiter, dieser Lohnkonkurrenz zu entkommen. Er will zum Facharbeiter der chinesischen PKW-Fabrik aufsteigen, mindestens das. Überstunden, Fortbildungskurse, Lohndisziplin: Er ist bereit, dafür vieles zu tun. Hauptsache, er kann künftig der privilegierten Kaste junger und gut ausgebildeter Chinesen angehören. Was der Wanderarbeiter für ihn ist, ist er für den angestammten Facharbeiter, ein beinharter Rivale nämlich. Er wird jeden noch so niedrigen Einstiegslohn akzeptieren, zumal keine Interessenvertretung bereitsteht, ihn davon abzuhalten.</p><p>Wenn er den Aufstieg geschafft und ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt hat, wird er zum Gegenspieler der Autobauer im Westen. Persönlich ist man einander weiterhin fremd, ökonomisch hängt der eine mit dem anderen nun unwiderruflich zusammen. In den Computern der Vorstände sind Lohn und Leistung der beiden Kontrahenten gespeichert. Als Zahlenkolonnen begegnen sie sich. Bei jeder Investitionsentscheidung laufen sie gegeneinander.</p><p><b>Das Versprechen steigenden Wohlstands wird einkassiert</b></p><p>Auf dem neuen Weltarbeitsmarkt herrscht Arbeiterüberschuss. Mittlerweile sind 18 Millionen Europäer von Arbeitslosigkeit betroffen. Rechnet man die ins Privatleben abgedrängten Frauen und die Älteren dazu, die man gegen ihren Willen in den Ruhestand schickte, sind mehr als 30 Millionen Menschen arbeitslos. Dieses europäische Heer der Stillgelegten entspricht der Einwohnerschaft von Berlin, Paris, London, Madrid, Brüssel, Rom, Lissabon und Athen. Ulrich Beck nennt diese Menschen die "strukturell Überflüssigen".</p><p>Erst wenn man die Menschen mit den Nulllöhnen und die verbliebenen Arbeiter und Angestellten zusammen betrachtet, sieht man die tatsächlichen Schrumpflöhne in Europa. Wer nur die Noch-Beschäftigten betrachtet, bleibt blind. Die Lohnsumme aber fällt in Wahrheit deutlich schneller, als es uns die Einkommensstatistik weismachen will. Auf dem Weltarbeitsmarkt findet ein Lohnverfall statt, mit dem im Westen keiner gerechnet hatte. Steigender Wohlstand dank steigender Löhne, das war das Versprechen der Nachkriegsjahre. Es wurde über Nacht wieder einkassiert. Die Lohnkurven auf den Monitoren im Weltarbeitsamt zeigen für den Westen nach unten.</p><p> </p><div align="center"> <div class="spArticleImageBox spAssetalignleft" style="width: 180px;"> <a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698848-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/img/0,1020,698849,00.jpg" alt="Arbeitszeit in effektiven Stunden" align="left" border="0" height="131" hspace="0" width="180" /></a> <div style="background: rgb(246, 246, 246) none repeat scroll 0% 50%; width: 182px; -moz-background-clip: -moz-initial; -moz-background-origin: -moz-initial; -moz-background-inline-policy: -moz-initial; padding-bottom: 7px;"> <div align="right"><a href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,grossbild-698848-436345,00.html"><img src="http://www.spiegel.de/static/sys/v8/icons/ic_lupe.gif" title="Großbildansicht" alt="Großbildansicht" style="border: medium none ; margin: 0pt; padding: 0pt; float: right;" align="right" border="0" /></a></div> <div class="spCredit" align="right">DER SPIEGEL</div> <p>Arbeitszeit in effektiven Stunden</p> </div> </div> </div> Auf eine schnelle Anhebung der Einkommen in Fernost oder Osteuropa sollte niemand setzen. Die Löhne dort sind angesichts von Millionen Bauern und Slumbewohnern, die erst noch auf ihre industrielle Beschäftigung warten, selbst unter Druck. Das Lohnniveau in Fernost steigt deutlich langsamer, als es dem Westen recht sein kann. Selbst ein sofortiges Einfrieren der Löhne in Westeuropa bringt nicht viel, hat das Münchner Ifo-Institut errechnet. Bei gleich bleibendem Lohnanstieg in den Angreiferstaaten wären die Einkommen dieser Länder in 30 Jahren noch immer erst halb so hoch wie im Westen. Es ist derzeit so und nicht anders: Wer in Europa und Amerika seine Lohnhöhe mit nicht mehr begründen kann als dem Tarifvertrag, den teuren Lebensumständen und der westlichen Tradition des Ausgleichs zwischen Kapital und Arbeit, hat künftig keine Chancen, sich durchzusetzen.<p>Dabei geht der Welt keineswegs die Arbeit aus, wie gelegentlich zu hören ist. Solange nicht weniger, sondern mehr Waren erzeugt, verkauft und konsumiert werden, gibt es auch keine Arbeitsplatzverluste. Die Weltwirtschaft erlebt zu Beginn des 21. Jahrhunderts einen der größten Wachstumsschübe der vergangenen Jahrzehnte. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse steigt weiter an, trotz Internet und Robotereinsatz. Nur die Verteilung der Arbeit hat sich im Zuge des Weltarbeitsmarkts entscheidend verändert. Der Ort ihres Wirkens interessiert nur noch den, der vergeblich seine Arbeitskraft anbietet und nun den Kürzeren zieht. Der Arbeitsmarkt wurde entgrenzt, derweil der westliche Arbeiter auf seiner Scholle kleben blieb.</p><br /></div></div>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-29283807497345118112006-09-11T21:49:00.000+07:002006-09-11T21:52:36.862+07:00Warum Deutsche auswandern... (aus FTD)von Astrid Maier (Hamburg) <h3 class="anlauf">Den einen zieht es in die Schweiz, den nächsten nach Kanada. Eines haben deutsche Auswanderer gemeinsam: Sie finden in der Ferne attraktivere Arbeitsplätze. Auf FTD Online erzählen sie von ihren Erfahrungen. Haben auch Sie den Schritt ins Ausland gewagt?</h3> <span class="ISI_IGNORE"><dl class="bild150"><dt><a href="http://www.ftd.de/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=1&nv=Image0" onclick="return openimgpopup('/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=1&nv=Image0',0,375,625)" class="zoomlink" title="Zoom"><img src="http://www.ftd.de/asset/Image/2005/08/15/schweiz_kl.jpg" alt="Naturidylle und gut bezahlte Jobs: Die Schweiz ist zum begehrtesten Ziel für deutsche Auswanderer avanciert" border="0" height="100" width="150" /></a></dt><dd><a href="http://www.ftd.de/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=1&nv=Image0" onclick="return openimgpopup('/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=1&nv=Image0',0,375,625)" class="zoomlink" title="Zoom"> </a>Naturidylle und gut bezahlte Jobs: Die Schweiz ist zum begehrtesten Ziel für deutsche Auswanderer avanciert</dd></dl> </span><!-- /ISI_IGNORE --><p>Die meisten Menschen trauen sich ihr Leben lang nicht. Anna Korb* hingegen hat es schon zwei Mal gewagt. Als Kind kam die heute 33-jährige mit ihren Eltern aus der Ex-Sowjetunion nach Karlsruhe in die Bundesrepublik: Über 2000 Kilometer zogen die Korbs westwärts von den Füßen der Karpaten in der heutigen Ukraine vor die Tore des Schwarzwaldes. Es sollte kein Aufenthalt für immer in Baden werden. Im Januar 2006 verabschiedete sich Anna Korb auch aus der neuen Heimat. </p><h2 class="zwischenhead">Kinder können sich besser entwickeln</h2> <p>Ihr Ziel: Genf in der Schweiz. "Ich habe dort einen guten Job gefunden", lautet der Grund, warum die diplomierte Innenarchitektin zum zweiten Mal das Wagnis eingeht, komplett von vorne anzufangen. Und sie fügt hinzu: "Wenn ich sehe, dass meine Kinder sich dort besser entwickeln können, spielt der Wohnort für mich keine Rolle." </p><p>145.000 Deutsche packten 2005 auf der Suche nach einem bessern Leben ihre Koffer, so die Statistik. Was die Zahlen nicht sagen: Dies ist die höchste Abwanderung aus Deutschland seit 1954. Der Hauptgrund für die Auswanderungswelle sind bessere Arbeitschancen, gibt das Raphaels-Werk in Hamburg an. Die Einrichtung berät im Auftrag der Kirche und des Staates seit über 100 Jahren Ausreisewillige. Mehr als die Hälfte der Ratssuchenden gaben im vergangenen Jahr berufliche Gründe an, so das Raphaels-Werk. </p><p>Neben dem Job spielten auch die Aussichten der Kinder für deutsche Auswanderer eine Rolle, sagt Monika Schneid vom Raphaels-Werk. "Soziale Kälte, mangelnde Ausbildungs- und Berufsperspektiven und allgemein geringes Vertrauen in die Zukunft des Landes", seien weitere Gründe, sagt Schneid. </p><h2 class="zwischenhead">Der "amerikanische Traum" wirkt nach</h2> <p>Wie Korb zieht es dabei immer mehr Deutsche in die Schweiz. Das Land der Eidgenossen rückte im vergangenen Jahr sogar auf Platz Eins der beliebtesten Auswanderungsziele, die USA rutschten in der Gunst der Deutschen auf Platz zwei. Dennoch wirke "die Idee vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten, der amerikanische Traum" nach wie vor, sagt Beraterin Schneid. </p><ul class="textliste"><li>Die Gesundheitsreform wird verschoben, die Mehrwertsteuer erhoben, Auszubildende abgelehnt - "Bin ich froh, nicht mehr in Deutschland zu leben", diesen Kommentar und ähnliche lesen wir immer wieder von FTD-Online-Lesern. Wir möchten mehr über unsere Leser im Ausland erfahren. Schreiben Sie uns über Ihre Erfahrungen mit dem Auswandern an <a href="mailto:Auswanderer@ftd.de" class="inlinelink">Auswanderer@ftd.de</a></li></ul><span class="ISI_IGNORE"><div class="relatedhalb"><dl><dt>ZUM THEMA</dt><dd><ul class="artikelliste"><li><a name="&lid=59395&lpos=111585" href="http://www.ftd.de/politik/deutschland/59395.html">Der weltweite Einbürgerungsknigge </a> <span class="pLink">(http://www.ftd.de/politik/deutschland/59395.html)</span></li><li><a name="&lid=93843&lpos=111585" href="http://www.ftd.de/div/link/93843.html" target="_blank">Schweizer Bundesamt für Migration: Weltweite Migration</a> <span class="pLink">(http://www.ftd.de/div/link/93843.html)</span></li><li><a name="&lid=88184&lpos=111585" href="http://www.ftd.de/karriere_management/karriere/88184.html">Die weltweit teuersten Städte für Auslandsmitarbeiter</a> <span class="pLink">(http://www.ftd.de/karriere_management/karriere/88184.html)</span></li></ul></dd></dl></div></span><!-- /ISI_IGNORE --><p>Auch für die Auswanderer, die in Europa bleiben, sei die Entscheidung meistens vom Arbeitsplatz abhängig. Neben der Schweiz sind in Europa vor allem Österreich, Polen und Großbritannien beliebte Ziele deutscher Auswanderer. Ins Ausland zieht es vor allem Deutsche aus den alten Bundesländer oder aus Berlin. Nur 10.000 Deutsche aus den neuen Bundesländern zogen 2005 ins Ausland, so das statistische Bundesamt in Wiesbaden. </p><p>Korb gefällt in ihrer neuen Heimatstadt Genf vor allem das internationale Ambiente. Und dass die Menschen dort ihr etwas zutrauen - auch Fähigkeiten, die sie nicht unbedingt mit einem Diplom oder einer Urkunde beweisen kann. </p><h2 class="zwischenhead">"Der Anfang war schon verdammt schwierig"</h2> <p>"Ich habe die Stelle wegen meiner Sprachkenntnisse bekommen", sagt sie. Für ihren neuen Arbeitgeber, ein Immobilientrust, hat Korb nicht nur den Wohnort, sondern auch den Beruf gewechselt. Die Innenarchitektin, die zuvor über ein Jahr lang in Deutschland vergeblich nach Jobs gesucht hatte, arbeitet jetzt als Kundenbetreuerin. "Sie haben jemanden gesucht, der perfekt Deutsch und Russisch kann", so Korb lapidar. </p><p>Dennoch, das erste halbe Jahr "war schon verdammt schwierig", sagt sie über ihr neues Leben. So pendelte sie die ersten sechs Monate jedes Wochenende zu Mann und Kindern nach Karlsruhe, jetzt ist die Familie nachgekommen. Korb hat die neue Herausforderung im Job offenbar gut gemeistert: Ihr Arbeitgeber bezahlt ihr nun ein Fernstudium zum Trust Officer, fünf Examen à 2.200 Euro inklusive. </p><p>"Diese Möglichkeit, mich bei einem Arbeitgeber derart weiterzubilden, hätte mir in Deutschland niemand gegeben", sagt die Mutter von zwei Töchtern. Neben einem Bruttomonatsgehalt von knapp 3.800 Euro sieht sie noch einen entscheidenden Vorteil zum Leben in Deutschland: "Dass ich bereits zwei Kinder habe, war in der Schweiz eher von Vorteil, in Deutschland war das immer nur ein Hindernis". </p><span class="ISI_IGNORE"><dl class="bild150"><dt><a href="http://www.ftd.de/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=2&nv=Image1" onclick="return openimgpopup('/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=2&nv=Image1',1,375,625)" class="zoomlink" title="Zoom"><img src="http://www.ftd.de/asset/Image/2006/09/08/vancouver_kl.jpg" alt="Die Skyline von Vancouver: Auf manche Einwanderer wirkt Kanada wie ein "Erholungszentrum"" border="0" height="100" width="150" /></a></dt><dd><a href="http://www.ftd.de/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=2&nv=Image1" onclick="return openimgpopup('/politik/deutschland/111585.html?imgpopup=2&nv=Image1',1,375,625)" class="zoomlink" title="Zoom"> </a>Die Skyline von Vancouver: Auf manche Einwanderer wirkt Kanada wie ein "Erholungszentrum"</dd></dl> </span><!-- /ISI_IGNORE --><p>Auch Markus Hoffmann* ist Vater zweier Kinder. Die 20 Monate und knapp vier Monate alten Töchter des Ostwestfalen wurden in Kanada geboren. "Das ist eher für die Daheimgebliebenen wie meine Eltern exotisch", sagt der 41-jährige Mathematikprofessor. Der Zufall habe ihn 1998 zunächst in die USA verschlagen, gerade hat er sich in der Nähe von Halifax im Westen Kanadas "ein Haus mit Aussicht" gekauft. Seine Töchter haben einen kanadischen Pass. </p><h2 class="zwischenhead">"Ich wollte eine Festanstellung"</h2> <p>Hoffmann ging damals für ein Postdoktorantenprogramm in die USA, dann nach Kanada, Vancouver. Schon die Ankunft am Flughafen habe ihn begeistert: Wasserfontänen und Indianerskulpturen erweckten bei ihm den Eindruck: "Das ist ja ein Erholungszentrum hier". Und auch die Freundlichkeit der Kanadier begeistert ihn bis heute: "In Deutschland wird man erst angemuffelt, in Kanada wird man erst angelächelt", sagt er. Letztlich gab aber ein anderer Grund den Ausschlag zu bleiben: "Ich wollte eine Festanstellung", sagt Hoffmann. </p><p>Die hat er nun als Professor an einer kleinen Universität im Westen Kanadas in der Nähe von Halifax. "Im angloamerikanischen Raum kann man sich auch als unerfahrener Wissenschaftler ohne Meriten beweisen und sich eine Festanstellung erarbeiten", sagt er. In Deutschland gebe es diese "Bewährungsmöglichkeit" so gut wie nicht. </p><p>Vor allem seine Frau sehne sich durchaus nach dem alten Leben in Deutschland zurück. "Als politisch interessierter Mensch kann man sich hier schon über so manches aufregen", sagt er. Den Abmeldeschein der Stadt Köln, wo er zuletzt in Deutschland wohnte, bewahrt Hoffmann im tragbaren Safe seines neuen Hauses auf. "Abgemeldet ins Ausland" steht da drauf. "So etwas ist für Papierangelegenheiten wichtig", sagt er. Ganz ohne Bürokratie geht es auch im Ausland nicht. </p>Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-91047214775499213642006-09-11T20:48:00.000+07:002006-09-11T20:50:17.454+07:00"Tausche Karriere gegen erfülltes Leben"Laut dem New Oxford Dictionary of English bedeutet "Downshifting" den "Tausch einer finanziell attraktiven, aber stresserfüllten Karriere gegen eine weniger anstrengende, aber mehr erfüllende Lebensweise mit geringerem Einkommen". Die Bewegung, die ihren Namen in den neunziger Jahren bekam, hat ihren Weg in den Mainstream des britischen Lebens gefunden. Studien zufolge denken 40 Prozent aller Angestellten unter 35 Jahren über den Ausstieg nach. Bis 2007 sollen etwa 3,7 Millionen Briten "downshiften".<br />Von Frank Jahn, NDR London<br /> Wenn im Wald von Oxford einer mit dieser Aussicht aufwacht, hat er zumeist den Weg vom Pub nicht nach Hause gefunden. Hugh Sawyer war in der Tat gestern lang unterwegs gewesen, aber verirrt hat er sich nicht. Der Angestellte lebt im Wald. Freiwillig. Seine Wohnung in London hat er aufgegeben. Zu viel Ballast, sagt er. Er hat das Wort Luxus aus seinem Leben gestrichen. "Downshifting" nennen das die Briten. "Zentralheizung, fließend Wasser und einen Toaster habe ich jetzt nicht mehr. Und Schränke für meine Sachen fehlen auch. Ich habe nur noch das, was ich tragen kann", sagt Sawyer. Dafür habe er aber Freiheit gefunden und eine Verbindung zur Natur. "Ich fühle mich glücklicher als je zuvor."<br />Schlafsack und Matter versteckt er im Baum. Dann muss er los. Hugh will den Bus nach London erwischen. Zur Arbeit. Er will mit wenig auskommen, ein Aussteiger ist er nicht. Hugh ist Auktionator bei Sotheby's. Hier duscht er und schlüpft in den Anzug, der frisch aus der Reinigung kommt. Die Ironie: Er verhilft anderen zu mehr Besitz und hat selbst gerade mal das Hemd am Leib.<br /><br />Kein Konsumrausch, keine Karriere<br />Schuften für Shoppen. Das ist nichts für die so genannten Downshifter. Zweieinhalb Millionen Briten verzichten nicht nur auf Konsumrausch, sondern auch auf Karriere, sagen Umfragen. Sarah Stevenson hat London gegen Brighton getauscht. Sie verdiente als Werbefrau 6000 Euro im Monat. Bis sie bei einem Geschäftsessen die Sinnkrise bekam. "Ich wusste, er kann mich nicht leiden. Ich konnte ihn nicht ausstehen. Er war mein Kunde und beim Essen redeten wir über Geld, das nicht uns gehört, das von einer Tasche in die nächste wanderte. Ich dachte, was tue ich hier eigentlich mit meinem Leben? Ich hasse es, mit ihm hier zu sitzen. Und ich begriff, das ist nicht mein Ding."<br />Im Hafen von Portsmouth managt die 35-Jährige heute einen Spendenmarsch. Sie arbeitet nun für eine Hilfsorganisation und verdient damit halb so viel wie früher. Aber an der Küste lebt sie billiger und dieser Job ergibt für sie Sinn. Die Einnahmen helfen Kindern mit Hüftschäden. "Erfolg in meinem früheren Leben hieß, ich habe einen Werbevertrag perfekt gemacht. Es ging um Geld irgendwelcher Klienten. Das ist so oberflächlich im Vergleich. Das hier macht einen großen Unterschied. Deshalb fühle ich mich viel besser bei dem, was ich jetzt mache."<br /><br />Zahl der Downshifter steigt<br />Eine Million Briten wollen sich allein im kommenden Jahr aus dem Trott von Überstunden und Selbstausbeutung verabschieden, schätzen unabhängige Studien. Für ihren Platz im Hamsterrad gibt es genug Arbeitssuchende, die gern auf Freizeit verzichten. Es sei nicht ökonomisch, meint Wirtschaftsprofessorin Diane Perrons aus ihren Jobstudien, wenn Angestellte jahrelang unter Dauerstress stehen und dann ganz hinwerfen. Den Downshifting-Trend sollten Bosse ernstnehmen, sagt sie. Zum eigenen Vorteil.<br /> "Eine Auszeit nehmen, das sollte möglich sein. Angestellte sollten mal sechs Monate nicht in der Firma sein und dann zurückkommen können", sagt Perrons. So verliere die Firma nicht, was sie in den Mitarbeiter investiert hat. Und sie habe einen Angestellten, der zufriedener ist, weil er in Südamerika war oder eine Weltreise gemacht hat. Im Internet gibt es "Nationale Downshifting Wochen" für den Anfang. Versicherungskonzerne bieten Sparpläne für den Tag an, an dem man "ready" ist, reif fürs Downshifting.<br /><br />Kein Drang mehr aufs Powershopping<br />Sarah Stevenson kann sich Powershopping und Wellness-Wochenenden nicht mehr leisten. Aber es ist der Sinn der Sache, dass sie das in ihrem neuen Leben nicht mehr braucht. "Früher stand ich früh auf, fuhr stundenlang zur Arbeit, war ewig im Büro. In einer sehr stressigen Umgebung. Das war allein körperlich schon nicht gut für mich. Ich habe viel Geld darauf verschwendet, mich zu erholen, besser zu fühlen. Der drastische Wechsel meines Lebensstils bedeutet, dass ich dafür mein Geld nicht mehr ausgeben muss."<br /><br />Zimmer mit Aussicht<br />Auf Sparflamme wie Hugh muss ein Downshifter nicht leben. Der 33-Jährige hat den Verzicht auf die Spitze getrieben. Ein Jahr hält er es nun bereits im Wald aus. Hugh will nicht für immer ein Einsiedler sein. Die Liebe zur Natur muss die Traumfrau aber teilen. Wenn er mal ein Mädchen treffe, schwärme er, erzählt Hugh. Dann sagt er: "Ich wohne auf dem Land, tolle Aussicht, großer Garten, offenes Feuer. Vielleicht stehen da ja manche drauf. Wer weiß schon, was Frauen wollen."<br />Bei aller Lagerfeuer-Romantik warnt Hugh die Nachahmer: Im Winter gibt es im Wald keine warme Dusche. "Ich glaube, wer auch nur halb bei Verstand ist, zieht nicht in den Wald. Aber jeder kann auf seine Art in seinem Leben herausfinden, was ich gelernt habe: weniger ist viel mehr." Heute Abend bleibt Hugh mal zuhause und genießt, worauf selbst ein Downshifter nicht verzichten kann: Eine Tasse englischen Tees.<br />Stand: 11.09.2006 03:08 Uhr<br /> © 2006 www.tagesschau.deChristian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-4640688458994621672006-08-29T17:50:00.000+07:002006-08-29T17:51:14.196+07:00Interessante Aussensicht von Deutschland...SPIEGEL-GESPRÄCH MIT AHMADINEDSCHAD<br /><br />"Wir sind entschlossen"<br /><br />Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad über den Holocaust, die Zukunft des Staates Israel, über Fehler Amerikas im Irak und Teherans Anspruch auf Nuklearenergie.<br /><br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, Sie sind Fußballfan und spielen selbst gern Fußball. Wenn die iranische Nationalmannschaft am 11. Juni in Deutschland gegen Mexiko spielt, werden Sie dann in Nürnberg im Stadion sitzen?<br /><br />Ahmadinedschad: Das kommt darauf an. Ich werde mir das Spiel natürlich in jedem Fall anschauen, aber ob zu Hause vor dem Fernseher oder anderswo, weiß ich noch nicht. Meine Entscheidung hängt von vielerlei ab.<br /><br /><br />SPIEGEL: Zum Beispiel?<br /><br />Ahmadinedschad: Wie viel Zeit ich habe, wie manche Beziehungen sind, ob ich dazu Lust habe und manches mehr.<br /><br />SPIEGEL: Es hat in Deutschland große Ent- rüstung gegeben, als bekannt wurde, dass Sie womöglich zur Fußballweltmeisterschaft kommen werden. Hat Sie das überrascht?<br /><br />Ahmadinedschad: Nein, das ist nicht wichtig, ich habe gar nicht verstanden, wie das zustande kam. Es hatte für mich auch keine Bedeutung. Ich kann diese ganze Aufregung nicht verstehen.<br /><br />SPIEGEL: Sie hat mit Ihren Bemerkungen über den Holocaust zu tun. Dass der iranische Präsident den systematischen Mord der Deutschen an den Juden leugnet, löst zwangsläufig Empörung aus.<br /><br />Ahmadinedschad: Ich verstehe den Zusammenhang nicht genau.<br /><br /><br />SPIEGEL: Erst machen Sie Ihre Bemerkungen über den Holocaust, dann kommt die Nachricht, Sie reisen eventuell nach Deutschland - das sorgt für Aufregung. Also waren Sie doch überrascht?<br /><br /><br /><br />Ahmadinedschad: Nein, in keiner Weise, denn das Netzwerk des Zionismus ist weltweit sehr aktiv, auch in Europa, daher habe ich mich nicht gewundert. Wir haben das deutsche Volk als Ansprechpartner gesehen. Mit Zionisten haben wir nichts zu tun.<br /><br />SPIEGEL: Das Leugnen des Holocaust steht in Deutschland unter Strafe. Ist es Ihnen gleichgültig, wenn Ihnen Entrüstung entgegenschlägt?<br /><br />Ahmadinedschad: Ich weiß, dass der SPIEGEL ein renommiertes Magazin ist, aber ich weiß nicht, ob Sie die Möglichkeit haben, die Wahrheit über den Holocaust zu veröffentlichen. Sind Sie befugt, alles darüber zu schreiben?<br /><br />SPIEGEL: Ganz sicher sind wir befugt, über die Erkenntnisse der historischen Forschung in den letzten 60 Jahren zu schreiben. Aus unserer Sicht besteht kein Zweifel daran, dass die Deutschen - leider - an der Ermordung von sechs Millionen Juden die Schuld tragen.<br /><br /><br />Ahmadinedschad: Nun, dann haben wir eine ganz konkrete Diskussion angeregt. Wir stellen zwei klare Fragen. Die erste lautet: Hat sich der Holocaust wirklich ereignet? Sie bejahen diese Frage. Also lautet die zweite Frage: Wer trägt die Schuld daran? Die Antwort darauf muss in Europa gefunden werden und nicht in Palästina. Es ist doch ganz klar: Wenn der Holocaust in Europa passiert ist, dann muss man die Antwort darauf ebenfalls in Europa finden. Andererseits: Wenn der Holocaust nicht passiert ist, warum ist dann dieses Besatzerregime ...<br /><br />SPIEGEL: ... Sie meinen den Staat Israel ...<br /><br /><br />Ahmadinedschad: ... zustande gekommen? Warum verpflichten sich die europäischen Länder, dieses Regime zu verteidigen? Erlauben Sie mir, noch auf einen weiteren Punkt einzugehen. Wir sind der Meinung, wenn eine historische Begebenheit der Wahrheit entspricht, wird diese Wahrheit umso mehr ans Tageslicht kommen, je mehr danach geforscht und darüber gesprochen wird.<br /><br />SPIEGEL: Das ist in Deutschland längst geschehen.<br /><br />Ahmadinedschad: Wir wollen den Holocaust weder bestätigen noch leugnen. Wir sind gegen jede Art von Verbrechen an jedwedem Volk, aber wir wollen wissen, ob dieses Verbrechen wirklich geschehen ist oder nicht. Wenn ja, dann müssen diejenigen bestraft werden, die dafür die Verantwortung tragen, und nicht die Palästinenser. Warum ist es nicht erlaubt, über eine Tatsache zu forschen, die vor 60 Jahren passiert ist? Dabei sind andere historische Ereignisse, die zum Teil mehrere tausend Jahre zurückliegen, für die Forschung freigegeben, und auch die Regierungen unterstützen sie.<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, mit Verlaub, der Holocaust hat stattgefunden, es gab Konzentrationslager, es gibt Akten über die Vernichtung der Juden, es ist viel geforscht worden, und es gibt nicht den geringsten Zweifel am Holocaust und auch nicht an der Tatsache, dass die Deutschen - wir bedauern das sehr - dafür verantwortlich sind. Wenn wir noch eines ergänzen dürfen: Das Schicksal der Palästinenser wiederum ist eine ganz andere Frage, und sie bringt uns in die Gegenwart. <br /><br /><br /> <br />Ahmadinedschad: Nein, nein, die Wurzeln des Palästina-Konflikts sind in der Geschichte zu suchen. Der Holocaust und Palästina stehen in direkter Verbindung zueinander. Und wenn es den Holocaust wirklich gegeben hat, dann erlauben Sie doch, dass unparteiische Gruppen aus aller Welt forschen. Warum beschränken Sie die Forschung auf eine bestimmte Gruppe? Ich meine natürlich nicht Sie, sondern die europäischen Regierungen.<br /><br />SPIEGEL: Bleiben Sie dabei, dass der Holocaust nur "ein Mythos" sei?<br /><br />Ahmadinedschad: Ich akzeptiere nur dann etwas als Wahrheit, wenn ich wirklich überzeugt bin.<br /><br />SPIEGEL: Obwohl alle westlichen Wissenschaftler keinen Zweifel am Holocaust hegen?<br /><br />Ahmadinedschad: In Europa gibt es dazu doch zwei Meinungen. Eine Gruppe Wissenschaftler oder Personen, die meistens politisch motiviert sind, sagen, dass der Holocaust geschehen ist. Dann gibt es aber die Gruppe jener Wissenschaftler, die eine gegenteilige Auffassung vertreten und deshalb zum größten Teil inhaftiert sind. Also muss eine unparteiische Gruppe kommen, um nachzuforschen und eine Stellungnahme abzugeben zu diesem sehr wichtigen Thema. Denn die Klärung dieser Frage trägt zur Lösung von Weltproblemen bei. Unter dem Vorwand des Holocaust fand weltweit eine sehr starke Polarisierung und Frontenbildung statt. Deshalb wäre es sehr gut, wenn eine internationale und unparteiische Gruppe der Sache nachginge, um ein für alle Mal Klarheit zu schaffen. Normalerweise fördern und unterstützen Regierungen die Arbeit der Forscher über historische Ereignisse und stecken sie nicht ins Gefängnis.<br /><br />SPIEGEL: Wer soll das sein, welche Forscher meinen Sie?<br /><br />Ahmadinedschad: Das wissen Sie besser als ich, Sie haben die Liste. Es sind Leute aus England, aus Deutschland, Frankreich und aus Australien.<br /><br />SPIEGEL: Vermutlich meinen Sie zum Beispiel den Briten David Irving, den Deutsch-Kanadier Ernst Zündel, der in Mannheim vor Gericht steht, und den Franzosen Georges Theil, die allesamt den Holocaust leugnen.<br /><br />Ahmadinedschad: Allein die Tatsache, dass meine Äußerungen zu solchen heftigen Protesten geführt haben, obwohl ich kein Europäer bin, und auch die Tatsache, dass ich mit gewissen Personen in der deutschen Geschichte verglichen werde, deutet darauf hin, wie konfliktgeladen in Ihrem Land die Atmosphäre für Forscher ist. Hier in Iran können Sie unbesorgt sein.<br /><br />SPIEGEL: Nun führen wir diese historische Debatte mit Ihnen aus durchaus aktuellem Anlass. Stellen Sie Israels Existenzrecht in Abrede?<br /><br />Ahmadinedschad: Schauen Sie, meine Ansichten sind ganz klar. Wir sagen, wenn der Holocaust passiert ist, dann muss Europa die Konsequenzen ziehen und nicht Palästina dafür den Preis zahlen. Wenn er nicht passiert ist, dann müssen die Juden dahin zurückkehren, wo sie hergekommen sind. Ich glaube, dass heute auch das deutsche Volk der Gefangene des Holocaust ist. Im Zweiten Weltkrieg sind 60 Millionen Menschen gefallen, der Zweite Weltkrieg war ein riesiges Verbrechen. Wir verurteilen all das, wir sind gegen Blutvergießen, und zwar unabhängig davon, ob ein Verbrechen gegen einen Muslim oder gegen einen Christen oder Juden begangen wird. Die Frage aber ist: Warum stehen unter diesen 60 Millionen Opfern nur die Juden im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit?<br /><br />SPIEGEL: Das ist so nicht der Fall. Alle Völker trauern um die Opfer, die der Zweite Weltkrieg gefordert hat, Deutsche und Russen und Polen und andere ebenso. Doch wir als Deutsche können uns nicht von einer speziellen Schuld freimachen, nämlich von der systematischen Ermordung der Juden. Aber vielleicht sollten wir nun doch zum nächsten Thema übergehen.<br /><br />Ahmadinedschad: Nein, ich habe eine Frage an Sie. Was für eine Rolle hat die heutige Jugend im Zweiten Weltkrieg gespielt?<br /><br />SPIEGEL: Keine.<br /><br />Ahmadinedschad: Warum soll sie Zionisten gegenüber Schuldgefühle haben? Warum sollen die Kosten für die Zionisten aus ihrer Tasche bezahlt werden? Wenn Leute damals Verbrechen begangen haben, dann mussten sie vor 60 Jahren vor Gericht gebracht werden. Schluss! Warum muss das deutsche Volk heute dafür erniedrigt werden, dass es im Laufe der Geschichte eine Gruppe von Menschen gab, die im Namen der Deutschen Verbrechen begangen haben?<br /><br />SPIEGEL: Das heutige deutsche Volk kann nichts dafür. Aber es gibt eine Art Kollektivscham für jene Taten, die unsere Väter oder Großväter in deutschem Namen begingen.<br /><br />Ahmadinedschad: Wie kann eine Person, die zur damaligen Zeit gar nicht gelebt hat, juristisch verantwortlich sein?<br /><br />SPIEGEL: Nicht juristisch, sondern moralisch.<br /><br />Ahmadinedschad: Warum wird dem deutschen Volk so viel auferlegt? Das deutsche Volk trägt heute keine Schuld. Warum darf das deutsche Volk nicht das Recht haben, sich zu verteidigen? Warum werden die Verbrechen einer Gruppe so betont, anstatt vielmehr das große deutsche Kulturerbe herauszustellen? Warum sollen die Deutschen nicht das Recht haben, ihre Meinung frei zu äußern?<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, wir sind uns durchaus bewusst, dass die deutsche Geschichte nicht nur aus den zwölf Jahren des Dritten Reichs besteht. Dennoch müssen<br /><br />wir akzeptieren, dass im deutschen Namen schreckliche Verbrechen begangen worden sind. Dazu stehen wir auch, und es ist eine große Leistung der Deutschen in der Nachkriegsgeschichte, dass sie sich kritisch mit der Vergangenheit auseinander- gesetzt haben. <br /><br />Ahmadinedschad: Sind Sie bereit, dies auch dem deutschen Volk mitzuteilen?<br /><br />SPIEGEL: Oh ja, das tun wir.<br /><br />Ahmadinedschad: Würden Sie daher auch zulassen, dass eine unparteiische Gruppe das deutsche Volk befragt, ob es Ihre Meinung teilt? Kein Volk akzeptiert seine Erniedrigung.<br /><br />SPIEGEL: In unserem Land ist jede Frage erlaubt. Aber natürlich gibt es Rechtsradikale in Deutschland, die nicht nur antisemitisch eingestellt sind, sondern ausländerfeindlich, und sie halten wir in der Tat für eine Gefahr.<br /><br />Ahmadinedschad: Ich habe eine Frage an Sie. Wie lange soll das so weitergehen? Wie lange, glauben Sie, muss das deutsche Volk die Geisel der Zionisten sein? Wann ist das zu Ende - in 20, 50, in 1000 Jahren?<br /><br />SPIEGEL: Wir können nur für uns sprechen. Der SPIEGEL ist niemandes Geisel, der SPIEGEL beschäftigt sich nicht nur mit der deutschen Vergangenheit und den Verbrechen der Deutschen. Wir stehen im Palästina-Konflikt keineswegs kritiklos auf der Seite Israels. Doch eines wollen wir mit Entschiedenheit festhalten: Wir sind kritisch, wir sind unabhängig, wir lassen jedoch nicht zu, jedenfalls nicht ohne Protest, dass das Existenzrecht des Staates Israel, in dem viele Überlebende des Holocaust leben, in Frage gestellt wird.<br /><br />Ahmadinedschad: Genau das sagen wir doch. Warum sollten Sie sich den Zionisten gegenüber verpflichtet fühlen? Wenn es den Holocaust gab, muss Israel in Europa liegen und nicht in Palästina.<br /><br />SPIEGEL: Wollen Sie 60 Jahre nach Kriegsende ein ganzes Volk wieder umsiedeln?<br /><br />Ahmadinedschad: Fünf Millionen Palästinenser sind seit 60 Jahren heimatlos. Es ist erstaunlich: Sie zahlen seit 60 Jahren Entschädigung wegen des Holocaust und müssen noch 100 Jahre weiterzahlen. Aber warum ist das Schicksal der Palästinenser kein Gegenstand der Diskussion?<br /><br />SPIEGEL: Die Palästinenser werden von den Europäern sehr unterstützt, denn natürlich haben wir auch eine historische Verantwortung dafür, dass in dieser Region endlich Friede einkehrt. Aber tragen Sie diese Verantwortung nicht auch?<br /><br />Ahmadinedschad: Ja, aber Aggression, Besetzung und Wiederholung des Holocaust führen nicht zum Frieden. Wir wollen einen nachhaltigen Frieden, wir müssen die Probleme an den Wurzeln lösen. Ich freue mich, dass Sie ehrliche Menschen sind und sagen, dass Sie verpflichtet sind, die Zionisten zu unterstützen.<br /><br />SPIEGEL: Das haben wir nicht gesagt, Herr Präsident.<br /><br />Ahmadinedschad: Sie haben Israelis gesagt.<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, wir reden über den Holocaust, weil wir über die mögliche atomare Bewaffnung Irans reden wollen - und deshalb werden Sie im Westen als eine Gefahr erachtet.<br /><br />Ahmadinedschad: Manche Gruppen im Westen lieben es, Sachen oder Personen als gefährlich einzustufen. Bitte, Sie sind frei, so zu urteilen, wie Sie es für richtig halten.<br /><br />SPIEGEL: Die Kernfrage lautet: Wollen Sie Nuklearwaffen für Ihr Land?<br /><br />Ahmadinedschad: Erlauben Sie mir, eine Diskussion anzuregen: Was glauben Sie, wie lange man die Welt mit der Rhetorik einiger westlicher Mächte regieren kann? Sobald man etwas gegen eine Person hat, geht es mit Propaganda und Lügen los, mit Verleumdungen und Erpressung. Wie lange soll das so weitergehen?<br /><br />SPIEGEL: Wir sind ja hier, um die Wahrheit herauszufinden. Der Staatschef eines Nachbarlandes zum Beispiel hat zum SPIEGEL gesagt: "They are very keen on building the bomb." Stimmt das?<br /><br />Ahmadinedschad: Schauen Sie, unsere Diskussion mit Ihnen und den europäischen Regierungen verläuft doch auf einer ganz anderen, höheren Ebene. Wir finden dieses Rechtssystem, wonach ein paar Länder der übrigen Welt ihren Willen aufzwingen, diskriminierend und instabil. 139 Länder sind Mitglieder der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, auch wir. Sowohl die Satzung der IAEA als auch der Atomwaffensperrvertrag sowie sämtliche Sicherheitsabkommen räumen den Mitgliedsländern das Recht ein, für friedliche Zwecke über den atomaren Brennstoffkreislauf zu verfügen; das ist das gesetzlich legitimierte Recht eines jeden Volkes. Darüber hinaus wurde die Internationale Atomenergiebehörde aber auch ins Leben gerufen, um die Abrüstung jener Mächte voranzutreiben, die schon über atomare Waffen verfügten. Und nun schauen Sie, was heute passiert: Iran hatte die beste Zusammenarbeit mit der IAEA. Mehr als 2000-mal hatten wir Inspektionen in unseren Anlagen, die Inspektoren haben über 1000 Seiten Dokumente von uns bekommen. Ihre Kameras sind in unseren Nuklearzentren installiert. In allen Berichten hat die IAEA betont, dass es keine Indizien für Unregelmäßigkeiten Irans gibt. Das ist die eine Seite.<br /><br />SPIEGEL: Die IAEA sieht das nicht ganz so wie Sie.<br /><br />Ahmadinedschad: Die andere Seite aber ist: Es gibt einige Länder, die sowohl die Nuklearenergie als auch Nuklearwaffen haben. Sie benutzen ihre Nuklearwaffen, um andere Völker zu bedrohen. Ausgerechnet diese Mächte sagen, sie seien besorgt, dass Iran vom Weg zur friedlichen Nutzung abweicht. Wir sagen, wenn diese Mächte besorgt sind, können sie uns ja beaufsichtigen. Diese Mächte aber sagen: Die Iraner dürfen den Nuklearkreislauf nicht schließen, weil dann die Möglichkeit bestünde, dass sie von der friedlichen Nutzung abweichen. Wir sagen, dass diese Länder selbst längst von der friedlichen Nutzung abgewichen sind. Diese Mächte haben nicht das Recht, so mit uns zu reden. Diese Ordnung ist ungerecht, sie kann nicht Bestand haben.<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, die entscheidende Frage lautet doch: Wie gefährlich wird die Welt, wenn noch mehr Länder zu Atommächten aufsteigen - wenn ein Land wie Iran, dessen Präsident Drohungen ausstößt, in einer krisenreichen Region die Bombe baut?<br /><br />Ahmadinedschad: Wir sind grundsätzlich dagegen, dass die Arsenale mit Atomwaffen noch ausgebaut werden. Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass eine unparteiische Organisation gegründet wird und die Atommächte entwaffnet. Wir benötigen keine Waffen, wir sind ein zivilisiertes und kulturreiches Volk, unsere Geschichte zeigt, dass wir niemals irgendein Land angegriffen haben.<br /><br />SPIEGEL: Iran braucht gar nicht die Bombe, die es bauen will?<br /><br />Ahmadinedschad: Es ist doch interessant, dass europäische Länder dem diktatorischen Schah-Regime damals Nukleartechnologie gewähren wollten. Dieses Regime war gefährlich, dennoch waren sie bereit, ihm die Atomtechnologie zu liefern. Aber seitdem es die Islamische Republik gibt, sind diese Mächte dagegen. Ich betone noch mal, wir benötigen keine Atomwaffen. Weil wir ehrlich sind und gesetzestreu handeln, stehen wir auch zu dem, was wir sagen. Wir sind keine Betrüger. Wir wollen nur unser legitimes Recht geltend machen. Außerdem habe ich niemanden bedroht - auch dies gehört zur Propagandamaschine, die gegen mich bei Ihnen läuft.<br /><br />SPIEGEL: Wäre es dann nicht notwendig, darauf hinzuwirken, dass niemand Angst davor haben muss, Sie könnten nukleare Waffen produzieren, die Sie möglicherweise gegen Israel einsetzen und so eventuell einen Weltkrieg auslösen könnten? Sie sitzen auf einem Pulverfass, Herr Präsident.<br /><br />Ahmadinedschad: Erlauben Sie mir, zwei Dinge zu sagen. Kein Volk der Region hat Angst vor uns. Und niemand soll den Völkern Angst machen. Wir glauben, wenn die USA und diese zwei bis drei europäischen Länder sich nicht einmischen würden, dann würden die Völker dieser Region friedlich zusammenleben, so wie in den Tausenden Jahren zuvor. Auch Saddam Hussein wurde 1980 von Ländern in Europa und von Amerika angestiftet, gegen uns Krieg zu führen. In Bezug auf Palästina ist unser Standpunkt ganz klar. Wir sagen: Erlauben Sie, dass die Besitzer dieses Landes ihre Meinung äußern. Lassen Sie doch Juden, Christen und Muslime ihre Meinung sagen. Die Gegner dieses Vorschlags ziehen den Krieg vor und bedrohen die Region. Warum sind die USA und diese zwei bis drei europäischen Länder dagegen? Ich glaube, diejenigen, die Holocaust-Forscher einsperren, sind für Krieg und gegen Frieden. Unser Standpunkt ist demokratisch und friedlich.<br /><br />SPIEGEL: Die Palästinenser sind Ihnen doch längst einen Schritt voraus, sie erkennen Israel als Faktum an, während Sie es weiter von der Landkarte ausradieren wollen. Die Palästinenser sind bereit zu einer Zwei-Staaten-Lösung, während Sie Israel das Existenzrecht absprechen.<br /><br />Ahmadinedschad: Sie täuschen sich. Sie haben doch gesehen, dass das Volk bei der freien Wahl in Palästina die Hamas gewählt hat. Wir sagen, weder Sie noch wir sollten uns zum Sprecher des palästinensischen Volkes machen. Die Palästinenser sollen selbst sagen, was sie wollen. Es ist doch in Europa üblich, für jede Frage ein Referendum zu machen. Man sollte auch den Palästinensern die Gelegenheit geben, ihre Meinung zu äußern.<br /><br />SPIEGEL: Die Palästinenser haben das Recht auf ihren eigenen Staat, aber die Israelis unserer Ansicht nach selbstverständlich auch.<br /><br />Ahmadinedschad: Wo sind die Israelis hergekommen?<br /><br />SPIEGEL: Wissen Sie, wenn wir aufrechnen wollten, woher die Menschen gekommen sind, dann müssten auch die Europäer zurück nach Ostafrika, wo alle Menschen ursprünglich herkommen.<br /><br />Ahmadinedschad: Wir sprechen nicht über die Europäer, wir sprechen über die Palästinenser. Die Palästinenser waren dort in Palästina. Jetzt sind fünf Millionen zu Flüchtlingen geworden. Haben sie kein Recht auf Leben?<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, kommt nicht irgendwann der Zeitpunkt zu sagen: Die Welt ist, wie sie ist, und wir müssen mit dem Status quo, so wie er ist, fertig werden? Nach dem Krieg gegen den Irak ist Iran doch in einer günstigen Lage. Amerika hat den Irak-Krieg de facto verloren. Ist es also nicht an der Zeit, dass Iran zu einer konstruktiven Friedensmacht im Nahen Osten wird? Und das heißt auch, dass Iran sich von Atomplänen und aufrührerischen Reden verabschiedet?<br /><br />Ahmadinedschad: Ich wundere mich, warum Sie die Position der europäischen Politiker einnehmen und fanatisch verteidigen. Sie sind ein Magazin und keine Regierung. Zu sagen, dass wir die Welt, so wie sie ist, akzeptieren sollen, bedeutet, dass die Sieger des Zweiten Weltkriegs noch 1000 Jahre Siegermächte bleiben, und dass das deutsche Volk noch 1000 Jahre erniedrigt werden muss. Denken Sie, dies ist die richtige Logik?<br /><br />SPIEGEL: Nein, die richtige Logik ist es nicht, und es trifft auch nicht zu. Die Deutschen haben in der Entwicklung der Nachkriegszeit eine bescheidene, aber wichtige Rolle in der Welt gespielt, sie fühlen sich nicht seit 1945 erniedrigt und entwürdigt. Dafür sind wir zu selbstbewusst. Wir wollen jedoch jetzt von der Aufgabe Irans heute reden.<br /><br />Ahmadinedschad: Dann würden wir akzeptieren, dass jeden Tag Palästinenser getötet werden, durch Terroraktionen sterben, dass Häuser zerstört werden. Aber erlauben Sie mir, über den Irak zu sprechen. Wir waren immer für Frieden und Sicherheit in der Region. Die westlichen Länder haben acht Jahre lang Saddam im Krieg gegen uns militärisch aufgerüstet, chemische Waffen eingeschlossen, und ihn politisch unterstützt. Wir waren gegen Saddam, wir haben durch ihn schweren Schaden erlitten, wir freuen uns, dass er gestürzt ist. Aber wir akzeptieren nicht, dass ein Land, unter dem Vorwand, Saddam stürzen zu wollen, geschluckt wird. Mehr als 100.000 Iraker sind ums Leben gekommen, unter der Herrschaft der Besatzer. Glücklicherweise sind Deutsche nicht dabei. Wir wollen Sicherheit im Irak.<br /><br />SPIEGEL: Aber Herr Präsident, wer schluckt den Irak? Der Krieg ist für die USA praktisch verloren. Wenn Iran konstruktiv mitwirken würde, wäre den Amerikanern möglicherweise geholfen, und sie könnten über einen Rückzug nachdenken.<br /><br />Ahmadinedschad: Das ist sehr interessant: Die Amerikaner besetzen das Land, töten Menschen, verkaufen das Öl, und wenn sie verloren haben, schieben sie anderen die Schuld zu. Das irakische Volk ist mit uns eng verbunden. Viele Menschen auf beiden Seiten der Grenze sind miteinander verwandt. Wir haben Tausende von Jahren zusammengelebt. Unsere heiligen Pilgerstätten liegen im Irak. Der Irak war ein Zentrum der Zivilisation genauso wie Iran.<br /><br />SPIEGEL: Was folgt daraus?<br /><br />Ahmadinedschad: Wir haben immer gesagt, dass wir die vom Volk gewählte Regierung im Irak unterstützen. Aber aus meiner Sicht machen es die Amerikaner schlecht. Sie haben uns mehrere Male Botschaften geschickt und uns um Hilfe und Zusammenarbeit gebeten. Sie haben gesagt, dass wir Gespräche über den Irak führen sollten. Obwohl unser Volk kein Vertrauen in die Amerikaner hat, haben wir das Angebot akzeptiert und dies öffentlich bekannt- gegeben. Amerika aber hat sich negativ geäußert, es hat uns beleidigt. Auch jetzt leisten wir unseren Beitrag für die Sicherheit im Irak. Die Bedingung für Gespräche ist, dass die Amerikaner ihre Verhaltensweise ändern.<br /><br />SPIEGEL: Macht es Ihnen manchmal Spaß, die Amerikaner und den Rest der Welt zu provozieren?<br /><br />Ahmadinedschad: Nein, ich beleidige niemanden. Der Brief, den ich an Herrn Bush geschrieben habe, war höflich.<br /><br />SPIEGEL: Wir meinen nicht beleidigen, sondern provozieren.<br /><br />Ahmadinedschad: Nein, wir fühlen niemandem gegenüber Feindseligkeit. Wir sind besorgt über die amerikanischen Soldaten, die im Irak ums Leben kommen. Warum müssen sie dort ihr Leben lassen? Der Krieg ist sinnlos. Warum gibt es Krieg, wenn es doch auch Vernunft gibt?<br /><br />SPIEGEL: Ist der Brief, den Sie dem Präsidenten geschrieben haben, auch eine Geste gegenüber den Amerikanern, damit es zu direkten Verhandlungen kommt?<br /><br />Ahmadinedschad: Wir haben darin unse-re Position ganz klar dargelegt, genauso sehen wir die Probleme der Welt. Die politische Atmosphäre der Welt ist durch manche Mächte stark besudelt worden, weil aus deren Sicht Lügen und Betrügen legitim sind. Das ist aus unserer Sicht sehr schlecht. Für uns verdienen alle Menschen Respekt. Die Beziehungen müssen auf der Grundlage von Gerechtigkeit geregelt werden. Wenn Gerechtigkeit herrscht, herrscht Friede. Ungerechte Verhältnisse haben keinen Bestand, auch wenn Ahmadinedschad sich nicht dagegen äußert.<br /><br />SPIEGEL: In diesem Brief an den amerikanischen Präsidenten gibt es eine Passage über den 11. September 2001. Wir zitieren: "Wie könnte eine solche Operation ohne Koordinierung mit Geheim- und Sicherheitsdiensten beziehungsweise unter weitreichender Infiltration dieser Dienste geplant und durchgeführt werden?" Bei Ihnen schwingen immer so viele Unterstellungen mit. Was soll das heißen? Hat die CIA dazu beigetragen, dass Mohammed Atta und die anderen 18 Attentäter ihre Anschläge ausführen konnten?<br /><br />Ahmadinedschad: Nein, das habe ich nicht gemeint. Wir finden nur, sie sollten sagen, wer schuldig ist. Sie sollten nicht unter dem Vorwand des 11. September den Nahen Osten militärisch angreifen. Sie sollen die Schuldigen vor Gericht bringen. Wir sind nicht dagegen, wir haben die Anschläge verurteilt. Wir verurteilen jede Aktion gegen unschuldige Menschen.<br /><br />SPIEGEL: In diesem Brief schreiben Sie auch, der Liberalismus westlicher Prägung sei gescheitert. Wie kommen Sie eigentlich darauf?<br /><br />Ahmadinedschad: Schauen Sie, für das palästinensische Problem haben Sie zum Beispiel Tausende Definitionen, und auch die Demokratie wird in jeder Ausprägung bei Ihnen anders definiert. Wenn ein Phänomen abhängig ist von der Meinung vieler Einzelner, die das Phänomen beliebig deuten dürfen, dann ist das nicht sinnvoll, damit kann man die Weltprobleme nicht lösen. Man braucht einen neuen Weg. Wir sind natürlich dafür, dass der freie Wille des Volkes herrscht, aber wir brauchen nachhaltige Prinzipien, die alle akzeptieren - zum Beispiel Gerechtigkeit. Darin sind sich Iran und der Westen einig.<br /><br />SPIEGEL: Welche Rolle kommt Europa bei der Lösung des Atomkonflikts zu, und welche Erwartungen haben Sie an Deutschland?<br /><br />Ahmadinedschad: Wir haben von jeher gute Beziehungen zu Europa gepflegt, insbesondere zu Deutschland. Die beiden Völker mögen sich. Wir sind interessiert, dass diese Beziehungen ausgebaut werden. Europa hat drei Fehler in Bezug auf unser Volk gemacht. Der erste Fehler war, die Regierung des Schahs zu unterstützen. Unser Volk ist deswegen enttäuscht und unzufrieden. Allerdings hat Frankreich dadurch, dass es den Imam Chomeini aufgenommen hatte, eine besondere Position erworben, die es später wieder verlor. Der zweite Fehler war die Unterstützung Saddams im Krieg gegen uns. Die Wahrheit ist, dass unser Volk erwartet hatte, Europa auf seiner Seite zu sehen und nicht gegen sich. Der dritte Fehler war das Verhalten in der Nuklearfrage. Europa wird der große Verlierer sein und nichts erzielen. Das wollen wir nicht.<br /><br />SPIEGEL: Wie geht der Konflikt zwischen der westlichen Welt und Iran jetzt weiter?<br /><br />Ahmadinedschad: Die Logik der Amerikaner verstehen wir. Sie haben durch den Sieg der islamischen Revolution Schaden erlitten. Aber wir wundern uns, warum manche europäischen Länder gegen uns sind. In der Nuklearfrage habe ich eine Botschaft geschickt und gefragt, warum die Europäer uns die Worte der Amerikaner übersetzen. Sie wissen doch, dass unsere Aktivitäten friedlich ausgerichtet sind. Wenn die Europäer auf der Seite Irans stehen, ist es in ihrem und unserem Interesse. Aber wenn sie sich gegen uns stellen, dann tragen nur sie den Schaden davon. Denn unser Volk ist stark und entschlossen. Die Europäer sind dabei, ihre Rolle im Nahen Osten völlig zu verlieren, und in anderen Regionen der Welt verlieren sie ihren Ruf. Man wird denken, sie seien nicht in der Lage, Probleme zu lösen.<br /><br />SPIEGEL: Herr Präsident, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.<br /><br />Das Gespräch führten die SPIEGEL-Redakteure Gerhard Spörl, Stefan Aust und Dieter Bednarz in Teheran.Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-51835167347301882532006-08-29T17:41:00.000+07:002006-08-29T17:43:47.054+07:00"Nie mehr zurück!"BERICHTE DEUTSCHER AUSWANDERER<br /><br />"Nie mehr zurück!"<br /><br />Von Anne Seith <br /><br />Immer mehr Deutsche wandern aus, sagt die Statistik. Doch was treibt sie, was erleben sie, und: Kommt irgendwann das große Heimweh? SPIEGEL ONLINE bat Auswanderer, ihre Erfahrungen in der Ferne zu beschreiben. Eine Auswahl.<br /><br />Hamburg - Manche Leser-Geschichten klingen wie moderne Fassungen der Legende vom Tellerwäscher, der in der Ferne zum Millionär wird. Ein Leser schrieb per Mail, er habe erst einen Tintenfischgroßhandel eröffnet - in Thailand. Später sei er dort Immobilienhändler geworden. <br />Eine andere Leserin träumte eines Nachts, sie müsse nach London gehen, also packte sie ihre Sachen - ohne jemals zuvor in England gewesen zu sein. Heute arbeitet sie nach diversen Abendstudienprogrammen immer noch in London in einer EU-Agentur. In Deutschland hätte sie die Karriere, die jetzt hinter ihr liegt, ohne Abitur nicht machen können, glaubt sie.<br /><br />Fast alle Leser betonen, dass die Jobbedingungen in vielen Ländern im Vergleich zu Deutschland besser seien. Ein Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechniker ging nach zermürbender Arbeitssuche in Deutschland mit dem Wohnmobil in der Schweiz auf Bewerbungstour. "Ich hatte zwölf Gespräche und, ob man es glaubt oder nicht, ich hätte überall anfangen können."<br />Ein Informatiker suchte in Deutschland sieben Monate vergeblich, dann stellte er seinen Lebenslauf bei der Internetjobbörse monster.com ein: "Innerhalb kurzer Zeit hatte ich diverse Angebote aus der ganzen Welt." Die Wahl fiel auf die USA, dort verdiene er nun doppelt so viel wie in Deutschland, zahle aber nur einen Bruchteil der Steuern, schreibt er. "Bereits nach einem Jahr war ich in der Lage, ein anständiges Haus mit großem Garten und Pool zu erwerben."<br /><br />Deutsche Auswanderer: Die Tschüs- AG (11.08.2006)<br /><br />Die verlockenden Jobangebote scheinen so manchen Kulturschock in der neuen Heimat wettzumachen. Eine Frau, die ebenfalls in die USA zog, schreibt: "Man muss sich hier an einiges gewöhnen: An Leute, die mit einer Knarre in den Supermarkt gehen, um eine Packung Eier zu kaufen, an Autoversicherungen, die einen hochstufen, weil einem vor der Ampel ein Besoffener hintenreinfährt."<br /><br />Vor allem müsse man sich mit dem Status als ewiger Ausländer von vornherein abfinden, schreiben viele. "Man wird Sie immer als Ausländer erkennen, sei es an Ihren blonden Haaren, Ihrem Akzent oder Ihren Gesten", berichtet etwa ein nach Trinidad ausgewanderter Leser. "Und das Lächerlichste, was man machen kann, ist, sich total den einheimischen Bräuchen zu unterwerfen. Auch Einheimische wissen, dass es keine blonden Rastafaris gibt."<br /><br />An Rückkehr denken trotzdem die Wenigsten, egal, welche Probleme sie vor Ort haben. Stattdessen hegen die meisten heftigen Groll gegen ihre alte Heimat. "Thema Rente! In Deutschland steht meine Generation vor einem bankrotten Rentensystem und drohender Altersarmut", schimpft etwa ein Mann, der in der Schweiz inzwischen in einer Werbeagentur arbeitet.<br /><br />Der Leser, der bis nach Trinidad zog, erklärt, es seien vor allem die Kleinigkeiten, die ihm in Deutschland unerträglich erscheinen. "Beispielsweise wenn man am frühen Morgen, bevor man zur Arbeit fährt, seinen Nachbarn in der Mülltonne stehen und darin herumtrampeln sieht, weil seit Neuestem die Füllhöhe der Tonnen zur Abrechnung gemessen wird." Nachdem die ersten fünf Jahre seines neuen Lebens in Trinidad nun um seien, "kann ich als Fazit sagen: Nie mehr zurück, wenn es nicht unbedingt sein muss. Grüße aus Trinidad am Morgen bei 28 Grad, leichtem Wind aus Südost und strahlend blauem Himmel. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!"<br /><br /><c> Spiegel OnlineChristian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-2678968131587582127.post-68091403469037361112006-08-29T17:15:00.000+07:002006-08-29T17:17:50.561+07:00Eliten ueber den Wolken...<span style="font-weight:bold;">Eliten ueber den Wolken</span><br /><br />aus manager magazin 3/2006, Seite 104<br /><br />Von Henrik Mülle<br /><br />Deutsche Konzernlenker entfremden sich immer weiter vom großen Rest der Nation. Eine abgehobene Elite, die ihrer gesellschaftlichen Führungsrolle nicht mehr gerecht wird.<br /><br />Am Ende entließ sich Helmut Knüfer selbst. Er sperrte das Werkstor hinter sich zu und ging heim. Das war am 30. Juni vorigen Jahres. Hinter ihm lag ein schlechtes Jahr: Ärger, Streik, Frust. Und immer wieder die Frage: Haben wir alles richtig gemacht? Ging es wirklich nicht anders?<br /><br />Knüfer (57) saugt an einer Camel Filter. Er trinkt schwarzen Kaffee, schön stark. Er braucht das jetzt. "Die Sache" lässt ihn nicht kalt. Und doch war es unausweichlich: "Die Sache musste gemacht werden."<br /><br />Eine Fabrik schließen, eine neue aufbauen - alles folgte betriebswirtschaftlicher Logik. Die Konzernleitung hatte Zahlen vorgelegt: Die Beschäftigten in Tschechien verdienten 80 Prozent weniger als ihre deutschen Kollegen, das Lohnkostengefälle würde noch für Jahrzehnte fortbestehen. "Rational", sagt Knüfer, "war die Sache einfach - wir hatten keine Chance. Aber emotional war es so furchtbar schwer."<br /><br />Er ist immer noch in sich gespalten - einerseits professioneller Manager, der der Logik des Wettbewerbs gehorcht, andererseits Lokalpatriot, der tief in der Region verwurzelt und mit den Leuten verbunden ist. Der personifizierte Widerspruch des real existierenden Standortwettbewerbs.<br /><br />Knüfer war Personalchef des Rolltreppenwerks des US-Konzerns Otis in Stadthagen. Im März 2004 hatte der Konzern angekündigt, die Produktion verlagern zu wollen. Knüfer hätte mitgehen können nach Tschechien. Aber er mochte nicht mehr. Also blieb ihm nur noch, die verbliebenen Beschäftigten in eine Beschäftigungsgesellschaft zu entlassen und schließlich sich selbst in die Arbeitslosigkeit.<br /><br />Der Fall Otis sorgte deutschlandweit für Aufsehen. Eine Menge Bundes- und Landesprominenz machte sich damals auf den Weg in die südniedersächsische Provinz, um die demonstrierenden Werktätigen in ihrem Kampf zu unterstützen - um anzuprangern, dass hier "die soziale Marktwirtschaft vor die Hunde geht" (IG-Metall-Chef Jürgen Peters).<br /><br />All das hat Knüfer getroffen. Und es wirkt fort. Er hat jetzt eine Menge Zeit, denkt viel nach. Der Job des Managers, sagt Knüfer, bestehe nun mal darin, "der Mannschaft eine Perspektive zu geben. Wenn es die nicht mehr gibt, muss man sich verhauen lassen".<br /><br /><br /><br />Aber wer eröffnet neue Perspektiven, und wer stiftet Zuversicht? Wie schafft man es, dass hier zu Lande neue, gut bezahlte Jobs entstehen? Wie entschärft man den Konflikt zwischen den kurzfristigen Renditeansprüchen des mobilen Kapitals einerseits und den langfristigen Belangen der Belegschaften, ja der gesamten Gesellschaft andererseits?<br /><br />Fragen, die derzeit viele Manager und Unternehmer umtreiben. Sie sind unsicher, ob die Art und Weise, wie sie sich dem Standortwettbewerb stellen, eigentlich richtig ist - ob sie für kurzfristige Einsparungen nicht ihre gesellschaftliche Verankerung gefährden, ohne die wiederum kein Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann.<br /><br />Deutsche Führungskräfte zweifeln inzwischen an ihrer eigenen Kaste. Dieses Bild zeichnet das diesjährige International Executive-Panel (IEP); exklusiv für manager magazin hat die Personalberatung Egon Zehnder Topmanager in Deutschland, Frankreich, den USA und Großbritannien befragt. Die Ergebnisse? Alarmierend.<br /><br /> * Nur 40 Prozent der befragten deutschen Manager geben an, die Führungskräfte der großen Kapitalgesellschaften hier zu Lande seien überwiegend "integre Persönlichkeiten" - der niedrigste Wert aller untersuchten Länder.<br /> * Auch ihre Kollegen im eigenen Unternehmen beurteilen viele Manager nicht uneingeschränkt positiv: Lediglich 68 Prozent der Befragten halten die Führungskräfte in ihrem Umfeld für überwiegend integer; in den USA etwa liegt dieser Wert bei 90 Prozent.<br /> * Deutsche Manager schenken den gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns vergleichsweise wenig Beachtung. In keinem der vier betrachteten Länder spielen soziale Belange im Kalkül der Firmenleitungen eine so geringe Rolle wie in Deutschland. <br /><br />Es scheint fast so, als bestätigten die Ergebnisse so manches Vorurteil gegen den angeblichen "Raubtierkapitalismus". Haben wir eine abgehobene Elite, desinteressiert an der Gesellschaft?<br /><br />Manfred Wennemer und Josef Ackermann - das sind die Reizfiguren der Debatte. Die Vorstandsvorsitzenden von Continental und Deutscher Bank stehen im Ruf, von einer ruchlosen Heimatlosigkeit beseelt zu sein.<br /><br />So ließ Wennemer, der eine Betriebsvereinbarung für das Continental-Werk in Hannover-Stöcken platzen ließ, obwohl die Fabrik profitabel ist, dazu per Interview in der "Welt" wissen: Der Protest gegen den Abbau der 320 Jobs sei lediglich Ausdruck einer "lokalen Moral". Es sei doch klar: "International interessiert das Thema Stöcken niemanden."<br /><br /><br /><br />Hier ein Manager, der sich als Sachwalter des übergeordneten globalen Marktes sieht, dort der große Rest der Gesellschaft, der in irgendwie archaischen lokalen Bezügen verhaftet ist - kann man mit einer solchen Einstellung langfristig erfolgreich sein? Zweifel sind erlaubt.<br /><br />Erfolgreich um jeden Preis: Im Zweifelsfall entscheiden sich Topmanager nicht mehr für den Standort Deutschland<br />Es sei schon klar, sagt Burkhard Schwenker, Chef der Unternehmensberatung Roland Berger, dass auch in guten Zeiten der Wettbewerbsdruck kaum nachlasse. Aber internationale Kostenunterschiede auszunutzen sei eben nur eine unternehmerische Strategie.<br /><br />Noch wichtiger sei es, zusätzliche Wertschöpfung zu kreieren, die auch hier zu Lande wettbewerbsfähig sein kann - und so nebenbei die Gesellschaft insgesamt voranzubringen. "An solch einer positiven Vision für die langfristige Existenz ihres Unternehmens in Deutschland müssen manche Manager allerdings noch arbeiten."<br /><br />Die Normalbürger nehmen es zur Kenntnis, frustriert und zunehmend unwillig. Und je mehr der Aufschwung sich verfestigt, je besser die Unternehmen wirtschaftlich dastehen, desto schwieriger sind Stellenabbau, Betriebsverlagerungen und Lohnzurückhaltung zu erklären.<br /><br />Selbst im Mittelstand wird der Graben zwischen Unternehmern und Belegschaften tiefer. Eine manager-magazin-Umfrage vom vorigen Herbst zeigt: Größere, erfolgreiche Mittelständler wollen eher weitere Gehaltskürzungen durchsetzen als kleinere Firmen.<br /><br />Und wie die Konzerne, so fühlen auch sie sich ihrer Heimat immer weniger verpflichtet. Unternehmer mit kleineren Firmen hingegen empfinden immer noch mehrheitlich eine moralische Verpflichtung, die erwirtschafteten Gewinne vorwiegend in der Bundesrepublik zu investieren.<br /><br />Das Verhaltensmuster zieht sich durch die gesamte Wirtschaft: Wer sich nichts anderes leisten kann als Deutschland, fühlt sich der Heimat enger verbunden. Wer hingegen dank Globalisierung seine Chancen überall auf der Welt suchen kann, entfernt sich innerlich vom immobilen Rest der Nation.<br /><br />"Früher, in den 80er Jahren", sagt der Chef eines M-Dax-Unternehmens, "wurde noch für Standorte hier zu Lande gekämpft. Damals entschieden die Topmanager im Zweifel für Deutschland. Meine Generation kann sich das heute gar nicht mehr leisten. Wir haben keine Zeit. Wir kämpfen jeden Tag ums Überleben unserer Unternehmen."<br /><br /><br /><br />Nur wenigen Topmanagern und Unternehmern ist egal, was aus ihrer deutschen Heimat wird. Aber die meisten nehmen die Entwicklung mit einem resignierten Gleichmut hin. Sie haben sich innerlich verabschiedet. Anderswo auf der Welt - in China, in Osteuropa, in den USA - erleben sie Gesellschaften im Aufbruch, in Deutschland hingegen vor allem Tristesse und miese Laune.<br /><br /><br />Die Folge ist eine wechselseitige Entfremdung zwischen der international aktiven Wirtschaftselite und dem großen Rest der Nation.<br /><br />So fühlt sich inzwischen die Mehrheit der deutschen Manager von dieser Gesellschaft unverstanden, wie die Zehnder-Umfrage zeigt: 68 Prozent der deutschen Befragten - mehr als in allen anderen Ländern - geben an, sie seien mit "einem massiven Vertrauensverlust" konfrontiert.<br /><br />Interessanterweise ficht sie das aber kaum an. Verglichen mit den übrigen befragten Nationalitäten, machen sich die deutschen Führungskräfte keine großen Sorgen über die politische und gesellschaftliche Situation im Land: Nur 35 Prozent der deutschen Befragten fürchten das Ausbrechen von gesellschaftlichen Krisensymptomen, viel weniger als unter ihren französischen (88 Prozent), britischen (81 Prozent) und amerikanischen (55 Prozent) Pendants.<br /><br />Offenkundig ist es so: Deutsche Manager nehmen die Stabilität der Gesellschaft als gegeben an - das ist Sache der Politik und des Sozialstaats -, weshalb sie glauben, die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns ignorieren zu können. Darf man fordern, dass sich die Wirtschaftseliten mehr einsetzen müssen - für die Gesellschaft, für die Nation, wenn man so will?<br /><br />Man darf. Horst Köhler (62) zum Beispiel, nicht gerade als Kritiker des globalen Kapitalismus verschrien, mahnt eindringlich: "Die Verantwortung von Unternehmern endet nicht an den Werkstoren." Schließlich verdankten sie ihren Erfolg "auch den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen".<br /><br />Ungewohnt spitz formuliert der Bundespräsident: "Es ist erlaubt, die Ärmel noch mehr hochzukrempeln, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern, und dabei auch an das Land zu denken."<br /><br />Oder Arend Oetker (66). Der Unternehmer ("Schwartau Extra") und Funktionär (BDI, Stifterverband für die deutsche Wissenschaft) zögert nicht, von der "Verpflichtung" zu reden, "der Gemeinschaft etwas zurückgeben zu müssen". Im Zweifel entscheide er schon mal gegen eine Betriebsschließung, auch wenn seine Manager ihm die empföhlen, erzählt er: "Lasst euch was einfallen."<br /><br />Im Übrigen engagiert er sich ehrenamtlich und steckt privates Geld in gemeinnützige Stiftungen. "Auch Manager", sagt Oetker, "müssen sich fragen, was sie der Gesellschaft zurückgeben sollten. Wie viele von denen haben zum Beispiel Stiftungen eingerichtet?"<br /><br />Oder Wendelin Wiedeking (53). Für den Porsche-Vorstandschef steht außer Zweifel, "dass es ohne Verantwortung für das Ganze nicht geht". Der "von gierigen Finanzinvestoren angezettelten neuen internationalisierten Wirtschaftsordnung" gibt er jedenfalls "keine Zukunft".<br /><br /><br /><br />Status verpflichtet. In modernen Gesellschaften müssen die Angehörigen der Eliten - ob in Politik, Verwaltung oder Wirtschaft - ihre herausgehobene Position durch ihre Leistungen für die Gesellschaft rechtfertigen. Denn für Nationen, die vom Ideal der Französischen Revolution ("Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit") geprägt sind, ist es prinzipiell schwer erträglich, dass eine relativ dünne Führungsschicht über mehr Macht, Einfluss und Geld verfügt als der Rest.<br /><br />Nur der Dienst der Eliten an der Allgemeinheit, so die Grundmelodie der bürgerlichen Elitentheorie, macht die Ungleichheit erträglich. Die Nation in eine gute Zukunft zu führen - das ist ihr Auftrag. Versagen sie in dieser Führungsfunktion, leidet ihre Legitimation.<br /><br />Genau dieser Legitimationsschwund sei in vollem Gange, beobachtet der Darmstädter Elitenforscher Michael Hartmann. Weil gerade die Topmanager einen "massiven Glaubwürdigkeitsverlust" erlitten hätten und eine "zunehmende Kluft" sie vom Rest der Gesellschaft trenne, müssten sie sich auf eine zunehmend feindselige, kapitalismuskritische Öffentlichkeit einstellen. Die künftigen Proteste seien "ideologisch diffuser als in den marxistisch geprägten 60er und 70er Jahren, aber nicht weniger schlagkräftig".<br /><br />Die Globalisierung bedroht ihre Vorhut.<br /><br />"Wir haben ein kommunikatives Problem", sagt General-Motors-Europa-Chef Carl-Peter Forster (51). "Unsere Gesellschaft - übrigens auch viele Manager, Politiker und Gewerkschafter - ist noch nicht bereit, die wirkliche Bedrohung unseres Wohlstands anzuerkennen. Wir sind mitten in einer dritten industriellen Revolution."<br /><br />Vor allem die Aufholjagd Chinas bereitet ihm Kopfschmerzen. "Sind wir bereit, die Wahrheit anzuerkennen? Da bin ich mir nicht sicher. Wir fühlen uns noch wohl in unserem alten Modell, das uns nicht mehr in die Zukunft bringen wird."<br /><br />Aber was wächst nach? Welche neuen Jobs werden hier zu Lande geschaffen? "Wer pflanzt die Apfelbäume?", wie Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts, formuliert.<br /><br />Schwierige Fragen, das findet auch Forster. Vor anderthalb Jahren hat er Opel erneut ein Sanierungsprogramm verpasst. Niemand bestritt damals die Notwendigkeit, schließlich hatte das Unternehmen in den Jahren zuvor Verluste in Höhe von 2,5 Milliarden Euro angehäuft. Insofern lag der Fall anders als etwa bei Conti in Hannover-Stöcken.<br /><br />Das Werk in Bochum stand auf der Kippe. Dennoch, sagt Forster, sei ihm wichtig gewesen, nicht nur Personal abzubauen, sondern den verbleibenden Mitarbeitern auch "eine Perspektive" zu geben - neue Produkte zu kreieren, zusätzliche Entwicklungsaufgaben aus dem GM-Konzern nach Deutschland zu holen.<br /><br />"Zukunft in Bochum gestalten, nicht Zukunft abschneiden." Wer sich nicht um die Loyalität der Mitarbeiter bemühe, sagt Forster, dem drohe die Firma auseinander zu fliegen.<br /><br /><br /><br />Es gibt sie doch - die Versöhnung von Ethik, Betriebswirtschaft und Patriotismus. So zeigen Analysen der Unternehmensberatung Roland Berger: Die meisten der großen internationalen Unternehmen generieren den Großteil ihres Umsatzes in ihrer Herkunftsregion. Eine starke Präsenz in der Heimat ist offenbar eine Grundvoraussetzung für internationalen Erfolg.<br /><br /><br />Anders gewendet: Firmen, die ihre Heimat vernachlässigen, treiben auch international auf schwieriges Fahrwasser zu.<br /><br />Heimat als Gegenpol zur Globalisierung - so empfindet das auch Martin Kannegiesser (64). Lange hat der Unternehmer und Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall mit sich gerungen. Sollte er nach China gehen, eine Fabrik hochziehen?<br /><br />Die Fakten schienen eindeutig: Mitte der 90er Jahre war seine Firma in eine Krise geschlittert; zu den hohen Produktionskosten im ostwestfälischen Vlotho konnte man Bügelautomaten nicht mehr profitabel bauen. Seine Kunden saßen inzwischen überwiegend in Asien. Die Fakten schienen eindeutig. Also weg?<br /><br />"Einen großen Teil des Jahres in China leben - willst du das?", habe er sich gefragt. Und sich dann selbst die Antwort gegeben: "Nääh." Er wollte Unternehmer in Ostwestfalen bleiben. Also entschloss er sich, etwas Neues anzufangen. "Patriotismus zeigt sich für mich in dem Bemühen, meinen deutschen Mitarbeitern und Standorten Zukunftschancen zu erarbeiten."<br /><br />Inzwischen bauen seine 900 Beschäftigen hoch komplexe Mangelstraßen und Faltroboter für Wäschereien in aller Welt. Eine profitable Nische, die sich Kannegiesser mit dem belgischen Konkurrenten LBG teilt.<br /><br />"Ich habe mir überlegt: Wo sind unsere Stärken? Was können wir hier besonders gut? Wir können als Team aus dem Basiswissen verschiedener Disziplinen neue Produkte machen." Keine leicht kopierbare Serienware, sondern Maßgeschneidertes.<br /><br />Aber all das funktioniere bloß, weil es einen Teamgeist gebe, der auf einem Treueverhältnis zwischen der Belegschaft und ihm als Unternehmer fuße: "Wir haben eine Vereinbarung, dass wir uns keinen Auftrag durch die Lappen gehen lassen, nur weil wir die Lieferzeit nicht einhalten können. Im Zweifelsfall müssen unsere Leute auch aus dem Urlaub zurückkommen." Ein Vorteil, den er leicht durch illoyales Verhalten zerstören könne.<br /><br /><br /><br />Empfiehlt er seine Methode anderen Unternehmen zur Nachahmung? Kannegiesser ist skeptisch: "Klar, die Verwurzelung kann Kräfte freisetzen, die wir dringend brauchen. Aber sie kann auch notwendige Entscheidungen aufschieben - womöglich mit schlimmen Folgen."<br /><br /><br />Auch er gibt keine Ewigkeitsgarantien mehr ab: Es müsse ja nur ein gleich guter Konkurrent an einem Billigstandort auftauchen, dann habe er aber ein ernstes Problem. Wer weiß, was er dann macht?<br /><br />Es ist unausweichlich: Flexibilität ist Pflicht in Zeiten der Globalisierung. Entsprechend können sich Unternehmer und Manager strikt patriotisches Verhalten nicht leisten. Jeder Standort hat spezifische Vorteile. Unternehmen, die international investieren und weltweite Wertschöpfungsketten knüpfen, helfen, diese jeweiligen Vorteile zur Geltung zu bringen. So weit, so richtig.<br /><br />Aber Nationen, das erkennen inzwischen Ökonomen wie der Italiener Guido Tabellini, funktionieren nur als Gemeinschaften von Sesshaften. Eine völlig mobile Gesellschaft wäre nicht produktiv: Ihr würden jene Werte und Normen fehlen, die eine arbeitsteilige Wirtschaft mit hoch produktiven Unternehmen erst ermöglichen.<br /><br />Jede Investition in einen Betrieb ist, so gesehen, auch eine Investition in den langfristigen Erhalt der Gesellschaft, ohne die der Betrieb wiederum nicht existieren kann. Eine sozioökonomische Symbiose.<br /><br />Derweil ist in Stadthagen, wo vor zwei Jahren der Kampf um das Otis-Werk tobte, wieder Normalität eingekehrt, so normal die Stimmung eben sein kann in einer Region, die seit Jahren ihre angestammten Industriebetriebe verliert und die, wie Friedrich-Wilhelm Rode, der Leiter der örtlichen Arbeitsagentur, sagt, in einer "fatalen Abwärtsentwicklung" steckt.<br /><br />Es ist wie vielerorts in Deutschland: Die Industrie bröckelt weg, aber es wächst wenig Hochproduktives nach.<br /><br />Ende 2005 wurde die Beschäftigungsgesellschaft aufgelöst. Viele Leute haben Jobs bei Dienstleistungsfirmen gefunden. Schlechter bezahlt, aber immerhin. Etwa 200 der ehemals 365 Otis-Werker haben inzwischen neue Stellen. Ein großer Erfolg, findet Ex-Personalchef Knüfer: "Wenn mir das einer vor zwei Jahren gesagt hätte, den hätte ich für verrückt erklärt."<br /><br />Manchmal ist Deutschland flexibler, als man denkt.<br /><br /><br /><br />Bedingt gesellschaftsfähig: Ergebnisse einer internationalen Managerbefragung.<br /><br />Ansatz: Bereits zum zweiten Mal hat die Personalberatung Egon Zehnder exklusiv für mm Führungskräfte in Deutschland, Frankreich, den USA und Großbritannien nach ihren Prioritäten und Einschätzungen gefragt.<br /><br />Lage: Verglichen mit den Topmanagern in den übrigen Ländern geben sich deutsche Manager furchtlos. Ob Terrorismus, politische oder soziale Konflikte - die anderen Nationalitäten sind deutlich besorgter. Auch wirtschaftlich fühlen sich die Deutschen stark: Nur 31 Prozent der hiesigen Befragten fürchten die derzeitige Übernahmewelle - aber 45 Prozent der amerikanischen und 57 Prozent der britischen Topmanager.<br /><br />Prioritäten: Kostensenkungen bleiben in allen Ländern extrem wichtig. Auch Innovationen sind ein Topthema. Die Pflege der Aktionäre spielt für die Deutschen eine auffällig geringe Rolle: Nur 42 Prozent räumen dem Thema hohe Priorität ein - aber 73 Prozent der Franzosen und 81 Prozent der Briten.<br /><br />Soziale Verantwortung: Dem Thema Corporate Social Responsibility (CSR) räumen die meisten deutschen Manager eher geringe Relevanz ein. Eine systematische Beobachtung der gesellschaftlichen Lage findet nur in gut der Hälfte der Firmen statt. Auch mit der Durchsetzung von ethischen Standards bei Mitarbeitern nehmen es die Deutschen offenbar weniger genau als andere.<br /><br />Ansehen: 68 Prozent der deutschen Topmanager sehen sich mit einem "massiven Vertrauensverlust" seitens der Öffentlichkeit konfrontiert, weit mehr als in den übrigen Ländern. Dürftig sieht es allerdings ihrer Meinung nach auch mit der persönlichen Integrität der Eliten aus. Topmanager bei deutschen börsennotierten Firmen schneiden ziemlich schlecht ab.<br /><br />Eine noch geringere Meinung haben die hiesigen Führungskräfte allerdings von der Regierung: Nur 15 Prozent sagen, die meisten Topleute dort seien integre Persönlichkeiten. Nirgends sonst sehen die Topmanager Politiker so negativ<br /><br /><br /><br />"Grenzen akzeptieren lernen"<br /><br />BDI-Vize Arend Oetker über gesellschaftliche Verantwortung.<br /><br />mm.de: Sie engagieren sich für Werte im Management. Gibt es Dinge, die man als Firmenlenker nicht tut?<br /><br /><br />Oetker: Viele. Manager und Unternehmer müssen Grenzen akzeptieren lernen. Wir haben dank der Globalisierung international enorm an Bewegungsfreiheit gewonnen. Dieser großen Freiheit müssen wir uns aber als würdig erweisen, indem wir uns aus eigener Einsicht an Werte halten.<br /><br />mm.de: Was heißt das konkret?<br /><br />Oetker: Vor allem, dass man anständig mit seinen Mitarbeitern umgeht. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Kürzlich musste ich einen Mitarbeiter entlassen, weil er große psychische Probleme hatte. Der Mann war Anfang 50, ich habe lange mit mir gerungen, ob ich das verantworten kann. Ich habe mir sein Umfeld angesehen, ob seine Frau was dazuverdienen kann und so weiter. Man darf sich solche Entscheidungen nicht zu leicht machen. Ich fühle mich meinen Mitarbeitern gegenüber verpflichtet. Das mag altmodisch klingen, aber das macht für mich Unternehmertum aus.<br /><br />mm.de: Wie sieht es mit Betriebsverlagerungen aus - erlaubt oder nicht?<br /><br />Oetker: Natürlich erlaubt. Aber ich muss den hiesigen Mitarbeitern eine wirklich faire Chance geben. Wenn ein Betrieb in Schwierigkeiten kommt, muss ich der Mannschaft erst mal klare Ziele setzen. Werden die Ziele erreicht, muss ich mich an die Vereinbarung halten - dann darf ich es mir nicht anders überlegen.<br /><br />mm.de: Verträge einhalten - wie steht's damit?<br /><br />Oetker: Ganz wichtig. Verträge, da steckt das Wort vertragen drin. Ohne langfristige Kooperation funktioniert kein Unternehmen.<br /><br />mm.de: Ist die Denkweise im Management kurzfristiger geworden?<br /><br />Oetker: Eindeutig. Und das ist problematisch. Wer nur kurzfristig seinen eigenen Nutzen maximieren will, der wird bestraft. Denken Sie an Napoleon. Der war kurzfristig sehr erfolgreich, aber langfristig ist er untergegangen. <br /><br /><br /><br />© manager-magazin.de 2006Christian Skodahttp://www.blogger.com/profile/15034104451244862155noreply@blogger.com