Mittwoch

Erst in Rente, dann schnell weg

von Annette Berger (FTD)

Wer in 30 oder 40 Jahren in den Ruhestand geht, ahnt: Die Rente wird knapp. Junge Berufstätige trauen dem staatlichen Rentensystem immer weniger, zeigt eine neue Studie. Der Rentner von morgen hat aber bereits einen Plan in der Tasche, falls das Geld nicht reicht.

So spielen offenbar immer mehr Deutsche mit dem Gedanken, ihren Ruhestand außerhalb Deutschlands zu verbringen. Immerhin jeder sechste künftige Rentner (17 Prozent) erwägt, in ein Land mit niedrigeren Lebenshaltungskosten auszuwandern, zeigt die Postbank-Studie "Altersvorsorge in Deutschland 2007", die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. 2077 Personen ab 16 Jahren wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach in dieser repräsentativen Untersuchung zu ihrer Einstellung zu Rente und Vorsorge befragt.

Was derzeit Schüler und Studenten betrifft, könnte künftig ein Metier der Grauhaarigen werden: Gelegenheitsjobs. 68 Prozent der Befragten gaben an, einen Nebenjob ausüben zu wollen, falls die Rente später nicht reicht. Und 36 Prozent würden gern länger in ihrem Beruf arbeiten als es die gesetzliche Altersgrenze erlaubt.

Der Rentner von morgen könnte sich auch als Konsumfeind entpuppen. Sind Kleidung, schicke Restaurantbesuche oder teure Urlaube wirklich wichtig? Diese Frage scheinen sich viele der künftigen Alten zu stellen. Denn um ihre Altersvorsorge aufzustocken, würden viele Menschen – zumindest theoretisch – Konsumopfer bringen: 52 Prozent würden bei Restaurant-Besuchen sparen, 45 Prozent beim Autokauf.

Beim Urlaub würden sich 37 Prozent der künftigen Rentner einschränken, 33 Prozent gaben an, notfalls für Kleidung weniger Geld auszugeben. Der Nachwuchs der heute Mittelalten muss die elterliche Sparwut allerdings nicht fürchten: Nur vier Prozent der Befragen würden bei Ausgaben für ihre Kinder knausern, ergab die Studie.

Besser informiert, aber misstrauischer

Das Vertrauen in das staatliche Rentensystem ist an einem Tiefpunkt angelangt, konstatiert die Postbank-Studie. Jeder sechste künftige Rentner fürchte, seinen Lebensunterhalt im Alter nicht mehr selbst bestreiten zu können und zu verarmen. "Erstmals gestehen die Berufstätigen in Deutschland mehrheitlich ein, nicht ausreichend für das Alter vorgesorgt zu haben", sagte Postbank-Privatkundenvorstand Wolfgang Klein bei der Vorstellung der Studie. Nur noch 39 Prozent der Berufstätigen gaben an, ausreichend für ihr Alter gespart zu haben. In den vergangenen beiden Jahren lag dieser Wert stets bei mehr als 40 Prozent. Sollte deshalb der Gesetzesgeber die private Altersvorsorge zur Pflicht machen? Die Mehrheit der Deutschen sagt laut Studie "nein".

Inzwischen sind die Deutschen gut über private Vorsorgemodelle und steuerliche Förderungen informiert, ergab die Untersuchung weiter. Das war früher anders, wie ähnliche Befragungen seinerzeit ermittelt hatten. Noch im vergangenen Jahr seien die neuen steuerlichen Förderungen den meisten Deutschen nicht bekannt gewesen, sagte Postbank-Vorstand Klein.

Ein Drittel hat Vertrauen vollkommen verloren

Besser informiert, aber misstrauischer gegenüber dem heutigen staatlichen Rentensystem - auf diesen Nenner kann man die Einstellung vieler künftiger Ruheständler bringen. So gab niemand der Befragten an, "sehr großes Vertrauen" in die Stabilität der deutschen Rentenkasse zu haben. "Weniger Vertrauen" haben 56 Prozent der Deutschen und der Berufstätigen. Jeder dritte Deutsche (32 Prozent) hat dagegen "gar kein Vertrauen" in unser Rentensystem. Betrachtet man die Gruppe der Berufstätigen separat, liegt dieser Anteil noch höher - bei 34 Prozent.

Besonders misstrauisch sind Frauen: "Altersarmut befürchten berufstätige Frauen deutlich stärker als Männer", sagte Klein. 18 Prozent hätten Angst vor künftiger Armut. Bei allen Befragten - also Männern und Frauen - ergibt sich ein bundesweiter Durchschnittswert von 16 Prozent.